Anekdoten aus Donnerskirchen
Gesammelt von Rudolf Kleiner
Herr Zankowitsch, den ich sehr geschätzt habe, war ein sehr fleißiger Mann, braver Familienvater. Die Familie hatte sieben tüchtige Kinder, die leider alle ausgewandert sind. Ich muss aber dazu bemerken, sie haben das Richtige gewählt. Tochter Rosa ist wegen Mangel an Arbeit nach Vorarlberg gegangen, und mit der Zeit sind alle ihre Schwestern gefolgt. Dort sind sie glücklich verheiratet, gelten als fleißige Bürger ihrer neuen Heimat, genießen ein Ansehen, das sie in Donnerskirchen niemals erfahren hätten. Schließlich stammen sie ja nur von einer Arbeiterfamilie ab. Herr Zankowitsch war nebenbei ein großer Bastler. Er machte Simperl aus Stroh, Körbe aus Weiden, Schwingen aus Irlisch, Leiter aus Lindenstämmen. Später hat ihm der Donnerskirchner Wein gut geschmeckt, da hat er öfters im Guten zuviel verkostet. Dann hat er seine Geschichten erzählt, die er später schon selbst geglaubt hat.
Zu den Donnerskirchner Anekdoten gehören auch seine Geschichten. Ich versuche es so zu schreiben, wie er es oft erzählt hat.
1. I bin mit meinem Kriegskameraden Hoans, aus dem Wuppertal-Vlbg. an der französischen Küste glehgn. Ausgaong habma kann khobt, Sonnta woar aah, koaa Feind in Sicht. " Hoans, fohma mit`n Csinakl ausi auf ´s Meer." Wie gesagt auch getan. Als sie draußen ruderten, ruft der Hoans. " Fraonz, paß auf a Haifisch." Kaum ausgesprochen, erzählt Herr Zankowitsch.
"Ih schau, sirhi, wier da Haifisch den Haons mit seiner Papm grod ausi zaht und owi druckt.
Ih nimm die Ruderstounga beiissa in die Haond und wü das Ufa erreicha. Kauum hobi mi umdraht, sirhi, wia da Haifisch schii auf mi zuikimmt. Der schnoppt noch mir und wir ih zu mir kimm, bin ih in der Woampn vum Haifisch. Ih schau, sirhi, daß der Haons auf der Leber sitzt, hob ih mi auf´s Beischl gsetzt. Jo mir hob zweini Luft kriegt, ih nimm dais Bajonett und bohri a Louch in seiner Waoupm. Wias beissa woar, hoaba uns uini oa graucht. Ja es vergeiinger uo Tog, zwoa Tog, am dritten Tog, dou mochts bei uns im Haifisch an großen Ruck. Ih schrei, Haons, paß auf, hiaz is wos gschehgn." Die Amerikaner haben nämlich den Haifisch mit einer Harpune geschossen und auf ihr Schiff 'ghievt', gezogen. - Ih schau, sieechi, wiea da amerikanische Schiffskuoch den Haifisch grod die Woampn aufschneit, ii spring außi und sog zum Schiffkkuoch - "Hau du ju du.?" Deii hobn gschaut. Und sou bin ih noch Amerika in die Gfaugaschoft keiima."
Herr Zankowitsch erzählt weiter, daß er drei Jahre in der amerikanischen Gefangenschaft war und dort bei den Bauern-Farmern arbeiten musste und dabei auch englisch-amerikanisch gelernt hat. Eine Sprache, die er später noch gebrauchen konnte.
2. Herr Zankowitsch ist auch mit seiner Einheit an der Südfront in Italien gelegen. Davon folgende Episode: "Wair ma in Italien glegn san, woas uns suo langweili, hitz hot da Haons zu seinen Kumaroden gsogt. (Sie mussten die Geschütze-Kanonen reinigen.) Schiaßt mi umi noch Afrika, zu die Negerweiba. Dia hobn kuin spoß keinnt. Hoam das douppiti Puive eini, in Haons hoams von vorn ins´s Rohr eini, das Schlouß guit verrieglt und houbn ieem umi gschoussn.
Jo wiai ih diees sieh, schreii, oini Haons bleib ih bei eich niet. Die Kumoroden hobn gsogt, Froanz kiem her, mir schießn die noch. Deii hobn mi glei drinn ghobt im Rohr und wupp ie bin schai gflaugn. In da Stoadt am Hauptplotz bin ieh gloand, do hob ieh an Neger gfrogt, hobs in Haons ausn Wuppertol nit gsehn? Der Neger sogt, drin im Wirtshaus sitzta. Wirklich, wieer ih eini kimm, sitzta vor da Schoank und auf seiner Schoß a Negerin. Wiera mi siecht, sogta: "jo Froanz, fu wua kimmst du daher, du host jo nua die Kartuschn am Kupf."
3. Ritzinger Martin-Marci (kommt aus dem Ungarischen) war ein einfacher landwirtschaftlicher Arbeiter. Von ihm gibt es einige Anekdoten.
Herr Ritzinger Martin-Marci hat als Nebenerwerb Kirschenleitern für die Leute gemacht und verkauft. Das Holz, die Stangen mussten gering an Gewicht sein, daher haben sich am besten die Linden geeignet. Natürlich wurden diese Linden vom fürstlichen Wald ohne Erlaubnis geholt - gestohlen. Bei einer solchen Gelegenheit hat sich Folgendes zugetragen.
Herr Ritzinger hat schlecht gesehen.
Herr Ritzinger geht in den Wald und hält Ausschau nach richtigen Lindenstangen. Dabei folgendes Selbstgespräch. (Herr Ritzinger hat mit sich sehr viel selbst gesprochen.)
"Sikst, do hobi a por Staonga gfunden. Deii passen guit zauum. Scheii grod sans ah, und da Jani = Oberförster Johann Gmasz, der woas an Dreiick. Deiin beisn die Fleh suo ah."
Oberförster Gmasz hat sich an Herrn Ritzinger heran gepirscht und das Selbstgespräch mitgehört. Herr Ritzinger holte von seinem Rücken die im Hosenriemen steckende Hacke hervor und will ausholen für den Schlag gegen die Linde. Herr Oberförster Gmasz fängt mit seinem Spazierstock den Schlag ab. Herr Ritzinger dreht sich um und ruft voller Enttäuschung:
"A grieß Goutt Herr Oberförster." Herr Oberförster: "So, bis jetzt war ich der Jani.". Herr Oberföster ein korrekter, gerechter und Menschenkenner, schimpfte mit dem Marcibacsi und erlaubte ihm die Linden heimzutragen.
4. Der Urbarialjäger -Waldaufseher- hieß Rudolf Scherr, Wohnhaus Hauptstr. 116 (heutige Besitzer Elektromeister Martin Roser). Herr Scherr dürfte um 1960 gestorben sein. Durchs Dorf ging die Nachricht, der Rudolf Onkel liegt im Sterben. Daraufhin hat sich Herr Oberförster Gmasz verpflichtet gefühlt, ihn nochmals schnell zu besuchen.
Als er im Haus Nr. 116 eintraf, waren bereits seine zwei Schwiegersöhne Herr Schlossermeister Leeb und Herr Hans Reisner, anwesend. Seine Frau hat die Gelegenheit benützt, um sich ein bisschen auszuspannen, ist sie eine Weile zum Nachbar gegangen. Sie musste ja Tag und Nacht bei ihm sein. Herr Leeb wußte den Hausbrauch, da Besuch da war, hat er eine zwei Liter Flasche vom Keller geholt. Rudolfonkel ist ganz ruhig im Bett gelegen und hat das ganze um ihn herum verfolgt. Die drei
Männer haben langsam getrunken und sich ganz ruhig unterhalten. Einmal hat sie der Sterbende durch ein Zeichen gerufen und ihnen mitgeteilt, daß er auch einen Schluck trinken möchte. Alle drei haben beraten, ob sie es tun sollten. Sie kamen zum Entschluß, seinen letzten Willen wollen sie ihm erfüllen, und mit viel Mühe und großer Anstrengung ist ihnen gelungen, dem Rudolfonkel ein Gläschen Wein in den Mund zu flößen. Es hat alles bestens funktioniert. Nachher haben sich die drei Männer auf diese große Tat gestärkt, und die erste Flasche war leer. Unter den drei Männern wurde das Gespräch immer lauter. Rudolfonkel wollte nachher ein zweites Glas, was sie natürlich ihm mit dem Gedanken verabreichten, er kann leichter sterben. Rudolfonkel äußerte den Wunsch, er möge sitzen, das Liegen ist nicht mehr angenehm. Die drei bewußten Männer haben ihn aufgerichtet, die Polster an die Wand angelehnt, und mit einer Decke wurde er zugedeckt. Beim Sitzen hat Rudolfonkel den Männern seinen letzten Wunsch mitgeteilt. Sie mögen ihm zum Abschied noch sein Jagerlied singen. (Ich muß bemerken, Herr Oberförster Gmasz und Herr Johann Reisinger waren zugleich Berufsjäger). Inzwischen haben sie bereits auf die Gesundheit mit dem schwer Kranken mit den Gläsern angestoßen. Alle drei haben ihm seinen Wunsch erfüllt und das Jagerlied gesungen. Bei der zweiten Strophe hat bereits Rudolfonkel mit der Ferse an der Bettkante den Takt geschlagen.Seine Frau hat sich in die Stube geschlichen und als sie den frischen Blick ihres Mannes gesehen hatte, soll sie ausgerufen haben: "Jeiisas der Teiifü lebt no oibi" Rudolfonkel hat seine Frau einige Jahre überlebt.
5. Ritzinger Marci holt seine Braut vom Bahnhof ab.
Ritzinger Marci war schon ein alter Junggeselle und hat sich im Dorf niemanden gefunden. Man hat ihm eine Frau verkuppelt, die zwar aus Donnerskirchen stammt, aber die meiste Zeit in Wien lebt und arbeitet. Die beiden lernen sich durch einen Besuch rasch kennen, sind mit ihrer Heirat einverstanden, natürlich spricht sich das im Dorf gleich herum. Die Braut kündigt ihren Arbeitsplatz, verständigt den Bräutigam, mit welchem Zug sie in Donnerskirchen ankommt. Von den Häuslern bis zum Bahnhof sind es gut an die zwei Kilometer. Fahrzeuge hat es ja damals noch keine gegeben, und die Straße war unheimlich schlecht. Die Braut packt ihre großen Koffer, sie nimmt ihre ganze Wäsche und Kleider mit, weil sie nicht mehr nach Wien geht. Der Bräutigam holt die Braut vom Bahnhof ab, die Braut muss ihre schweren Koffer vom Zug herunter heben, es gab eine ziemlich kühle Begrüßung. Nun geht es heimwärts bis zu den Häuseln, fast bis zum Wald. Die Braut trägt ihre schweren Koffer und Taschen, und der Marci schlendert daneben daher. Die Braut denkt schon, wie unhöflich der Marci ist, hilft mir nicht einmal die schweren Koffer tragen. Nun will sie ihm höflich auf die schwere Last aufmerksam machen und sagt: "Marci, die Koffer sind aber schwer!" Der Bräutigam antwortet in aller Ruhe: "Stöüs nieda, dui rostn."
Literaturverzeichnis