Kirchengeschichte

Auer/Maar

Kirche und Pfarre

Archäologische Forschungen haben ergeben, dass christliche Gotteshäuser ehrwürdigen Alters häufig an die Stelle oder in der Nähe alter heidnischer Kultstätten errichtet wurden, was wir auch für die Namensgeberin und das Wahrzeichen des Ortes, die auf einem künstlichen Bergeinschnitt erbaute Pfarrkirche, annehmen dürfen. Die zahlreichen Bruchstücke von Mondidolen von der hallstattzeitlichen Höhensiedlung auf der Bergkuppe (Ehrenfeld) werden als Kultgegenstände gedeutet und zeugen von der Gottesverehrung der Menschen des 8. vorchristlichen Jahrhunderts.

Ein römischer Veteran der Legio Gemina Victrix, der in Carnuntum stationierten XIV. Legion, setzt einen Weihealtar dem Jupiter, der höchsten römischen Gottheit (ergraben 1810 im Haus Johann Wagner, heute Fleischhauerei Ackermann). Die Vatria Carnuntina weiht einen Stein dem Gott Mercur.

Auf den Wolfsbachäckern wurden Mauerreste eines römischen Gutshofes mit einem angeschlossenen rechteckigen Gebäude aus dem 4. Jhdt., das eindeutig als Basilika angesprochen werden kann, ausgegraben. Im Heizungskanal, in der Asche sorgfältig verborgen, entdeckte man die Bruchstücke einer Altarmensa aus feinstem Importmarmor, eines der ältesten frühchristlichen Denkmäler in Österreich überhaupt. Es wird angenommen, dass an der Spitze solcher frühen christlichen Basiliken und Gemeinden ein Chor- oder Landbischof gestanden ist. Wie lange sich dieses frühe Christentum hier halten konnte, wissen wir nicht. Immerhin ist noch für das ausgehende 6. Jh. ein Bischof Vigilius von Scarbantia/Ödenburg, der eine Synode in Grado besuchte, belegt. Wann die mittelalterliche Vorläuferin der heutigen Martinskirche errichtet wurde, liegt im Dunkeln. Der althochdeutsche Personenname Tundold, das Martinspatrozinium und die erhöhte Lage der Kirche lassen auf ein hohes Alter schließen.

Wie diese alte Kirche ausgesehen haben mag, darüber geben die Visitationsberichte aus den Jahren 1641, 1651, 1659, 1663, 1674 einigen Aufschluss.

Die frühchristliche Altarplatte und die dazugehörige Kirche bzw. Bethaus

Wolfgang Meyer

Die Pfarrkirche zum Hl. Martin, die frühchristliche Altarplatte von Donnerskirchen, die reformatorischen Bestrebungen und die Zeugnisse der Rekatholisierung

In Donnerskirchen treffen im Zusammenspiel von frühchristlichen Zeugnissen, der besonders ausgeprägten Reformationszeit und einer überdurchschnittlich dokumentierten Gegereformationszeit mehrere Betrachtungsweisen und historische Zeiträume aufeinander.

Die archäologische Forschung bearbeitet das Fundstück und den Raum, es erscheint mir ergänzend dazu erforderlich, das Umfeld zu beleuchten. Die "Rarität" gehört in einen größeren Zusammenhang hineingestellt.

Die archäologische Forschung liefert uns den Zeitpunkt, den zeitlichen Rahmen. Wir stehen in einer Zeit, wo frühchristliche Gemeinden, ganz nach der Tradition der frühen Christen in der großen "römischen Welt" in kleinen Gruppen auch in kleineren Kommunen auftreten und zusammenkommen. Es ist die Zeit rund um die endgültige Befreiung und letztlich der Anerkennung als Staatsreligion. In dieser Phase darf in unserem Raum noch nicht von Kirchenbauten gesprochen werden, es wird das Raumangebot akzeptiert, das vorhanden ist. So finden wir im Gebäudekomplex der römischen Villa auf den Wolfsbrunnäckern in einem vielleicht wenig gebrauchten Gebäude unser frühchristliches Bethaus, komfortabel ausgestattet mit Fußbodenheizung und mit einer Altarplatte. Diese Bethäuser oder Beträume für die Zusammenkunft der frühchristlichen Gemeinde erheben noch keinen Anspruch auf eine Orientierung nach den Himmelsrichtungen (Altar im Osten), das kommt erst später zum Tragen und zur Realisierung in der Missionswelle, die von den großen Missionsklöstern und Zentren Salzburg und Passau getragen werden (Relikte aus dieser Zeit z.B. Pilgersdorf oder Chunigesbrunnen) und den Eintritt ins Mittelalter verdeutlichen.

Die in der Ruine bzw. in den Resten der Heizungsanlage gefundene Altarplatte stellt im europäischen Kontext eine Rarität dar, da europaweit nur etwa 12 Stück gefunden wurden, die zudem in der Ausformung leichte Unterschiede aufweisen1. Voran ging ein Edikt des Papstes Silvester (während dessen Amtszeit Kaiser Konstantin der Kirche die Freiheit gab und vor Verfolgung bewahrte), demzufolge die hölzernen Altartische bzw. Platten durch Stein zu ersetzen seien. Wenn wir nun annehmen, dass derartige qualitätvolle Arbeiten in Carrara marmor alleine schon von der Produktions kapazität und den Transportschwierigkeiten her wahrscheinlich nur in beschränkter Stückzahl hergestellt worden sind, dann haben wir zumindest den Ansatzpunkt dafür gegeben, dass unser Donnerskirchner Beispiel möglicherweise zu einer "Bischofskirche" gehört hat, zu einer christlichen Keimzelle und Gemeinde von überregionaler Bedeutung.

Der Tradition entsprechend wurden diese Altarplatten in Rom geweiht und den Gemeinden zur Verfügung gestellt. Damit sind sie einerseits die Vorläufer der später von den Missionaren verwendeten "Heiligen Steines", der wohl in kleineren Dimensionen aber als Ersatz alle "behelfsmäßigen" Altarplatten oder Tische "heiligten". A.A.Barb konnte 1953 drei runde und neun halbrunde spätantike Platten sowie drei mögliche mittelalterliche Beispiele auflisten. Eine wissenschaftliche Gesamtbearbeitung und Auslegung fehlt derzeit noch, ich darf aber trotzdem einige Gedanken anfügen. Die Zahl 12 finden wir verdeutlicht in den 12 Aposteln, damit wird jedoch das letzte Abendmahl in Erinnerung gerufen mit der Darreichung von Wein und Brot. Wir haben es hier mit einer zwar zahlenmäßig beschränkten Runde zu tun, die in einer Form des "Volksaltares" die Kommunionsfeier ablaufen lässt. 12 Personen stellen den kleinsten Nenner für eine Ordensgemeinschaft, 12 Männer bzw. Familienväter repräsentieren die kleinste Zahl für eine jüdische Gemeinde. Die runde Altarplatte mit den zwölf Plätzen finden wir aber auch nochmals in der Versammlung um den König Artus.

Die Altarplatten haben übrigens nicht bei allen Belegstücken die gleiche Anzahl von vorgebenen Plätzen, wir finden unter den runden z.B. solche mit 8 bzw. 10 Nischen, während die halbrunden durch 13 bzw.14 Plätze sowie je einem herausgehobenen Platz mittig an der geraden Seite aufweisen.

Die Vorgängerkirche

Die Pfarre wird 1437 bereits erwähnt, 1454 tritt uns mit Pfarrer Wolfgang Pfluger erstmals eine greifbare Persönlichkeit entgegen. Von zumindest 1577 bis 1638 wurde sie von protestantischen und flacianischen Geistlichen betreut, darauf folgte eine Periode der Rekatholisierung, bis sie schließlich 1641 beschrieben wird: "Steinturm mit Uhr, 2 Glocken, zwei Altäre, Bild des Hl. Martin, Patronatsherr Baron Christoph Laisser". 1659 wird sie mit "Satis desolata" und 1674 in schlechtem Zustand bezeichnet.

Aus den Beschreibungen sind die Dimensionen der Kirche nicht herauszulesen, aber auch bei den Renovierungen im Inneren der heutigen Kirche wurde es verabsäumt, durch archäologischen Untersuchungen zu einer Vorgeschichte und dem Grundriss einer Vorgängerkirche zu kommen.

Anzunehmen ist einerseits, dass sie kleiner gewesen ist und die heutige Form auch dem Bevölkerungszuwachs Rechnung getragen hat, andrerseits ist voraus zu setzen, dass die Orientierung der Kirche beibehalten worden ist.

Beim Neubau der Pfarrkirche wurde der Friedhof selbst nicht miteinbezogen, existiert doch u.a. der Grabstein der Familie Thinagl aus 1630 noch im Bereich der Kirchenmauer. Daraus lässt sich möglicherweise der Schluss ziehen, dass diese Familie zu den namhaften protestantischen Vertretern gehört hat, im Anschluss daran jedoch zu den glühendsten Verehrern der Gegenreformation (siehe Bildstöcke) zählte.

Gegenreformation

Nachdem die Familie Leisser, die in ihrem Edelhof der protestantischen Bewegung noch längere Zeit Unterkunft gewährt haben dürfte (1638 wird die Pfarrkirche als rekatholisiert bezeichnet, Leisser verkauft aber erst 1652/53), Donnerskirchen verlassen hat, darf mit einer "zügigen" gegenreformatorischen Tätigkeit unter dem neuen Patronatsherren Paul I. Esterházy gerechnet werden. Diese gipfelt letztlich im Neubau der Pfarrkirche 1676, aber auch innerhalb der Ortsbevölkerung sind bedeutende Anzeichen ablesbar. So wird in einem heute noch erkennbaren und nachvollziehbaren umfangreichen Spenderprogramm das Gemeindegebiet mit Bild stöcken und Flurdenkmalen ausgestattet, so z.B. die Lichtsäule bei der Achatiuskapelle 1665 durch die Familie Thinagl, das Suchentrunkkreuz von 1682, das Lacknerkreuz aus 1662. Diese Zuwendungen gehen parallel mit einer wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung der Siedlung, bedingt durch die geordneten Verhältnisse im kirchlichen Bereich (keine Disharmonien in Glaubensfragen), Erhebung des Dorfes zum Markt 1659, Neu- bzw. Umbau von 1/2Lehenhäusern so z.B. das Thurnerhaus Hauptstrasse 17 mit 1669 oder aber 1658.

Kirchen, Kapellen und Renovierungen

Auer/Maar

Beschreibung der alten Kirche

Den Berichten nach ist der Altarraum der nicht sehr geräumigen Kirche gewölbt, der übrige Teil mit einer flachen, vom Alter schon arg mitgenommenen Holzdecke versehen. Auch das Schindeldach ist ruinös. An der Evangeliumseite befindet sich in einer Mauernische das Sakramentshäuschen mit einem vergoldeten Eisengitter. Auch die geräumige, gewölbte Sakristei schließt an die Evangeliumseite an. Predigtstuhl und Taufbecken sind aus Stein. Keiner der beiden Altäre ist konsekriert. Den Hauptaltar schmückt das farbige Bild des Hl. Martin, vergoldete Säulen umgeben es. Der zweite Altar an der Nordseite entbehrt jeden Schmuckes. In dem aus Stein gebauten, mit Schindeln gedeckten Turm befinden sich zwei Glocken und eine Uhr. Neben verschiedenen Paramenten und Gefäßen für den Gottesdienst werden auch ein Traghimmel, 2 Fahnen, Kandelaber aus Holz, Zinn, auch vergoldete, sowie 2 Messbücher erwähnt. In dem von einer Mauer umgebenen Friedhof steht eine der Hl. Jungfrau geweihte Kapelle, ohne Gewölbe und Decke, mit einem Altar, einer Kathedra und einem Chor aus Holz. Sie ist mit verschiedenen Gemälden geschmückt. Ihr Einkommen sichert die begüterte Frauenzeche. Unter der Kapelle befindet sich ein Beinhaus ohne Tür. 1674 wird der Zustand der Kirche und Kapelle als äußerst desolat geschildert.

Diesen Beschreibungen nach dürfte es sich bei der alten Kirche um einen quadratischen romanischen Bau mit der charakteristischen Holzdecke und eine gotische Apsis handeln. Romanische Mauerreste konnten bei der letzten großen Renovierung festgestellt werden.

Das Visitationsprotokoll 1713 beschreibt die neue Kirche, die durch die hohe Opferbereitschaft der Bevölkerung und mit Hilfe des Patronatsherrn Paul Esterházy 1676 fertig gestellt und am 7. April 1680 von Kardinal Leopold Kolonitz konsekriert wurde. Den Hauptaltar zu Ehren des Hl. Martin stiftete der Fürst. Angefertigt wurde er vom Purbacher Tischlermeister Martin Vreith. In der herrschaftlichen Rentamts rechnung von 1682 lesen wir darüber: "in der neu erbauten Kirche das Altar wie in unserer eisenstädter Schloss Capelle, ein Frau Pilt 5 Schuh hoch, beider Seiten zwey Engel 4 Schuh hoch, 2 Bildnisse St. Paulus und St. Ursula jedes 6 Schuh hoch, alle 5 Stück von sauberer Pilthauer Arbeith." Die Malerarbeiten verrichtete Veith Liszler. Der Seitenaltar an der Evangeliumseite wurde Maria Himmelfahrt, an der Epistelseite der Jungfrau Maria gewidmet. Hier erwähnt der Visitator ein ungefähr 100 Jahre altes Marienbild, das noch in der alten Kirche angebracht war. In der Mitte der Kirche hängt die Statue der Jungfrau Maria, von einem Kranz umgeben und mit Gewändern geschmückt, vom Gewölbe herab. Oberhalb der Sakristei ein gewölbtes Oratorium, im mit Schindeln gedeckten Turm drei Glocken. Die Orgel hat fünf Register. Gefeiert werden das Fest des Namenspatrons sowie das Kirchweihfest am 3. Sonntag nach Ostern.

Im Türkenjahr 1683 dürfte die Kirche nicht gelitten haben. Der Visitationsbericht bemerkt ausdrücklich, dass die Einrichtungsgegenstände erhalten blieben, nur einen vergoldeten Silberkelch hätten die deutschen (kaiserlichen) Soldaten entwendet.

Donnerskirchner Familien spendeten immer wieder beträchtliche Summen zur Verschönerung der Kirche, was auch gewisse Veränderungen in der Inneneinrichtung zur Folge hatte. Älteren Datums ist die von Andreas Suchentrunk gespendete Statue des Hl. Martin oberhalb des Portals (1793) sowie das vor einigen Jahren entwendete Prager Jesulein in Glasschrank (1768). Die Glasfenster weisen ebenfalls die Namen ihrer Spender auf.

Renovierungen:

1872 Kirchenrenovierung unter Pfarrer Rechnitzer
1880 lässt Pfarrer Ekker 108 neue Stufen zur Kirche legen.
1912 wird unter Pfarrer Ribarits die Kirche ausgemalt.

1973 - 1974 erfolgt die großangelegte Renovierung des Innenraumes unter Pfarrer Robert Michlits. Die Kos ten können durch die Spendenfreudigkeit der Ortsbevölkerung, die Beiträge von Diözese, politischer Gemeinde, Bundesdenkmalamt und Land gedeckt werden. Es kommen Wandmalereien zutage: König Stephan und König Ladislaus d. Hl. von Ungarn sowie Taufe Christi und die Aufrichtung der ehernen Schlange. Die Krypta wird geöffnet, die etwa sechs Särge dürften Priesterbestattungen sein. Von Pfarrer Garaus wissen wir mit Sicherheit, dass er in der Kirche beigesetzt wurde.

Der Grundstein für die dem hl. Johann Nepomuk geweihte "Kleine Kirche" wurde 1781 unter Pfarrer Andreas Pauer gelegt. Wohltäter waren die Familie Esterházy und die Donnerskirchner Familie Johann Wimmer. Pfarrer Pauer wanderte zu Fuß nach Wien, um vom Kaiser einen namhaften Betrag für den Bau zu erbitten, den er sich, ebenfalls zu Fuß, von Ofen holen musste. Er erwarb einen Seitenaltar des aufgelassenen Augustinerklosters in Bruck/ Leitha, der als Hochaltar aufgestellt wurde. Die Kirche wurde unter Pfarrer Robert Michlits renoviert und mit einem Vorbau ergänzt.

1810 wurde am Ende der "Neuhäusl" an der Lieblingsraststelle des Pfarrers Török bei den drei Linden die Florianikapelle, 1892 von den Familien Michael Ehn und Michael Reisinger die Friedhofkapelle und 1896 von der Familie Josef Bayer die Lourdeskapelle errichtet. Die Weingartenkapelle stammt aus dem 18. Jh.

Die Weihe der neuen, anstelle der im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzenen Glocken für die Pfarrkirche angeschafft, fand 1947 statt. Glockenpatin: Maria Tinagl.

Weitere Renovierungsarbeiten im Bereich der Pfarre unter Pfarrer Mag. Werner Riegler:

1995 Friedhofskapelle
1996 Weingartenkapelle
1998 Dreifaltigkeitssäule beim Feuerwehrhaus
2001 Bergkirche (Innen- und Außenrenovierung)
2003 Sanierung des Stiegenaufganges zur Bergkirche
Sanierungsmaßnahmen im Pfarrhof

2006 Freilegung und Restaurierung des Bildes der Schutzmantelmadonna Orgelrenovierung in der Dorfkirche
Neuüberdachung des Pfarrhofkellers
Fassadensanierung der Dorfkirche

2007 Erneuerung der Beleuchtung des Kreuzweges
2008 Neueindeckung des Pfarrstadels

Pfarrer in Donnerskirchen

Wolfgang Pflüger1454
Kristoff Liebmayer1549
Wolfgang Pamschab
Christoff Hanng
Caspar Scharrer bis 1573
Georg Kral
Johann Hauser
Kaspar Lucker1582 - 1583
Kein Pfarrer1583 - 1589
Johann Aenetius8 Tage
Georg Klopfer1590 - 1592
Rupert Martin Nissenus1592
Christoff Villanus1592 - 1597
Ferdinand Fürstenwalder 1597 - 1599
Felix Grundtner1602 - 1606
Paul Mayenbrunner1606 - 1620
Petras Alesich1622 - 1648
Johannes Jacobus Strauß1648 - 1658
Johannes Halbics1659 - 1676
Georg Schendl1676 - 1693
Franz Peichmann 1693 - 1700
Franz Welser 1700 - 1706
Stephan Johann Garaus 1706 - 1719
Johann Walner   1719 - 1735
Georg Reiter 1735 - 1745
Josef Steiger 1745 - 1753
Franz Festl 1753 - 1763
Andreas Pauer 1763 - 1790
Johann Török
1790 - 1828
Michael Rach
1828 - 1835
Franz Koller 1835 - 1838
Florian Rechnitzer 1838 - 1877
Paul Ekker
1877 - 1905
Josef Ribarits 1906 - 1948
Josef Tschida 1948 - 1949
Stefan Widder 1949 - 1956
Robert Michlits 1956 - 1989
Mag. Martin Korpitsch1989 - 1995
Mag. Werner Riegler 1995 - laufend

 

Aus Donnerskirchen stammende Priester

Für lernwillige Söhne aus dem Bauernstand war das nächstliegende und auch erschwingliche Studium Theologie, außerdem sicherte der Priesterstand den gesellschaftlichen Aufstieg. Die aus Donnerskirchen stammenden Priester erreichten z. T. hohe kirchliche Würden und einflußreiche Positionen auch im politischen Leben.

Stephan Garaus 1696 - 1706 Pfarrer von Oggau. Theologus moralis. Sohn des Donnerskirchner Schulmeisters Matthias Garaus.

Stephan Berger 1760, aus einer Hofstatt.

Johann Frankl bekleidete 1770 das Amt des Dechants des Lutzmannsburger Distriktes, nachdem er durch Tausch aus Illmitz auf die Pfarre Neckenmarkt übersiedelt war. 1783 wurde er als Kanonikus in das Domkapitel zu Raab berufen, wo er 90jährig verstarb.

Philippus Frankl geb. 1770 (im Haus Hauptstr. 17, Eleonore Thurner), feiert 1794 in der Pfarre seine Primiz, bei der eine große Menschenmenge anwesend war. Er wirkte in Wiesen, Oberberg Eisenstadt, Siegendorf. 1809 - 1820 Stadtpfarrer von Rust, 1820 - 1837 Propst von Oberberg Eisenstadt.

Hier assistiert ihm sein Neffe als Kaplan Martin Frankl geb. 1786. Primiz 1812 in Donnerskirchen. Fürst Nikolaus Esterhazy ernennt ihn zum Hauskaplan und später zum Pfarrer von Pottendorf. Am 10. Mai 1831 präsentiert ihn der Fürst für die Würde eines Propstes

von Gyulafirátot in der Diözese Veszprém. Die Komitate Veszprém, Gran und Ödenburg wählen ihn zum Tafelrichter. Er stirbt 63jährig am 30. Juli 1849. Seine Gruft in Gyulafirátot wird auch die Begräbnisstätte der Donnerskirchner Familie Anton v. Rainprecht, bischöflicher Güterdirektor von Veszprém. Martin Frankl ist der Verfasser des Büchleins "Der Markt Tundolskirchen und seine Pfarrherren", herausgegeben in Wien 1843. 1724 verzeichnet das Matrikelbuch der Grazer Universität Paulus Payr (aus dem heutigen Erbhof) aus "Tonnerskürchen" als Magister der Logik zu einer Zeit, als bedeutende Vertreter der ungarischen Literatur, Franz Faludi aus Güssing und Ladislaus Graf Amade ebenfalls zu den Hörern der Grazer Universität gehörten. Es ist bezeichnend, dass Payr nicht als "plebejus" oder "rusticus" - die übliche Bezeichnung für Hörer aus dem Bauernstand - sondern als "civis" (Bürger) geführt wird. 1733 - 1751 Pfarrer von Oggau. Sein Neffe Johann Michael Payr, 1779 zum Priester geweiht, folgt Pfarrer Festl als Pfarrer in Purbach (1790 - 1831). Er setzt sich im Kriegsjahr 1809 erfolgreich gegen die Einquartierungen und Requirierungen des französischen Militärs ein.

Auch er nimmt sich seines Neffen Franziscus Payr an, der im Raaber Seminar studiert und 1804 Stadtkaplan von Ödenburg ist. 1813 - 1822 wirkt er als Pfarrer in Unterrabnitz, dann als Pfarrer in Loretto, wo er 1865 als Ehrendechant stirbt. Michael Reinprecht aus Donnerskirchen ist 1779 - 1812 Pfarrer in Wallern.

Die alte Bäckersfamilie Treiber zählt zwei Priester zu ihren Mitgliedern. 1810 wird Franziskus Treiber, der im Wiener erzbischöflichen Alumnat studierte, als Kaplan von Mannersdorf in Österreich, 1825 Anton Treiber als Pfarrer von Waltersdorf erwähnt.

In diesen Verwandtschaftskreis heiratet der italienische Kaufmann Johann della Pietra/ Steiner. Seine Söhne Philipp und Martin erreichen hohe kirchliche Würden. Philipp Steiner geb. 1839, absolviert das Raaber Seminar, dann das Pazmaneum in Wien. 1873 Hofkaplan in Wien, 1882 Domherr von Großwardein und 1890 Bischof von Stuhlweißenburg. Er ist Präses des in Ungarn bedeutenden St. Stephan-Vereines und spielt im religiös-literarischen, aber auch im politischen Leben seiner Zeit eine wichtige Rolle.

Martin Steiner geb. 1828, wird 1851 zum Priester geweiht. 32 Jahre Pfarre von Ungarisch- Altenburg, 1867 Abtpfarrer, 1890 Domherr zu Raab. Gestorben 1892.

Johann Kamper 1844 Pfarrer von Lacken dorf.

Joseph Sagmüller, Sohn des hiesigen Arztes Franz Sagmüller. Primiz 1879 in Donnerskirchen. 1881 Abtpfarrer von Altofen.

Josef Kaindlbauer geb. 1875, Kaplan in Neusiedl/See, Kleinfrauenhaid, Oberberg Eisenstadt, Pfarrer von Schattendorf, 1915 - 1941 Pfarrer von St. Margarethen. Begründer der Passionsspiele.


Josef Heurigs geb. 1876. Priesterweihe in Raab, 1906 - 1926 Pfarrer in Wallern nach Kaplanstellen in Neusiedl, Purbach, Wieselburg, Eisenstadt, Donnerskirchen (Administrator). 1926 - 1949 Pfarrer in Oggau. Kreisdechant, päpstlicher Kämmerer.

Dr. Johannes Huber geb. 1877 (Haus J. Hubergasse 1), ordiniert 1901. Wirkt in westungarischen Orten. Domherr zu Ödenburg. Er ist Redakteur verschiedener deutscher Zeitschriften in Ungarn und mit Univ. Prof. Jakob Bleyer ein Vorkämpfer für die Rechte des ungarländischen Deutschtums. 1920 wird er in die Nationalversammlung gewählt. Gest. in Ödenburg 1947.

Anton Koller geb. 1885, Priesterweihe 1908. Kaplan in Halbturn. Gest. 1909.

Stefan Rohrer geb. 1902. Primiz in Donnerskirchen 1927. Kaplan in Zanegg, Stadtkaplan in Ödenburg. Als Pfarrer von Kroisbach begleitet er seine im Jahr 1946 aus der Heimat vertriebenen deutschen Pfarrkinder nach Deutschland, wo er sie in Heidenheim und Nenningen betreut. Er verunglückt tödlich 1956 als Pfarrer von Raiding.

Stephan Berger geb. 1911, Mittel schule: Juvenat der Redemptoristen in Katzelsdorf, Bundesgymnasium Wien und Hollabrunn. Theol. Fakultät Universität Wien. Primiz 1938. Kaplan in Lockenhaus, 13 Jahre Pfarrer in Neuhaus (Klausenbach, 6 Jahre in Zurndorf, 16 Jahre in Illmitz. Gest. 1975

Pater Johann Ackermann geb. 1912. Gymnasium St. Rupert/Bischofshofen, Hochschule Mödling/St. Gabriel. Priesterweihe 1939. 1940 - 1945 an der Front. 1945 in St. Rupert Pater Societatis verbi divini, Rektor, als Volksmissionär tätig.

Fabian Udulutsch geb. 1915. Gymnasium Hollabrunn, Theologie an Universität Wien. Primiz 1939. Kaplan in Pinkafeld, Tadten, Stadtpfarre Eisenstadt. Jugendseelsorger. 1949 - 1981 Pfarrer und Dechantpfarrer in Schützen/ Geb. Gest. 1983

Rupert Scherr geb. 1937. Gymnasium Mattersburg, Theologie an Universität Wien, Weihe 1961. Kaplan in Deutschkreutz und Neusiedl/ See. Pfarrer in Kobersdorf 1964 - 1968. Seit 1968 Pfarrer von Zurndorf.

Dechant Pfarrer Mag. Norbert Filipitsch, geb. 13. Feber 1973, Gymnasium Eisenstadt - Theologie an der Uni Wien. Weihe zum Priester 1998, Diakon in Kemeten-Litzelsdorf, Domkaplan in der Dompfarre Eisenstadt. Als Pfarrmoderator für Eberau-Gaas-Bildein-Maria Weinberg - Pöttsching - Bad Sauerbrunn. Seit 1.9.2009 Pfarrer von Krensdorf - Neudörfl - Pöttsching - Bad Sauerbrunn, seit 21.09.2009 Dechant des Dekanates Mattersburg.

Gebet- und Glaubensbücher

Gebets- und Glaubensbücher Donnerskirchner Familien aus zwei Jahrhunderten

Grete Maar

In der Zeit der Wohlstandsgesellschaft und der Massenmedien spielt das Gebetbuch in unseren Familien eine bescheidene Rolle. Aus dem Alltag fast völlig verdrängt, nimmt man es bestenfalls vor dem Gottesdienst aus dem Schrank.

Und doch stellte das Gebetbuch vor gar nicht langer Zeit für die meisten Familien im Dorfe die nahezu einzige Lektüre dar, ein Buch, das einen Ehrenplatz einnahm, in das die Daten bedeutender Familienereignisse, wie Geburt, Heirat, Tod, eingetragen wurden, und wenn man es in ruhigeren Zeiten des Jahres zur Andacht aufschlug, brachte es schöne und schwere Stunden ins Gedächtnis.

Man könnte einwenden, dass die Geschichte des Gebetbuches ein rein religiöses Thema sei und daher über den Werdegang einer Dorfgemeinschaft wenig aussage. Dem muss man entgegenhalten, dass die Andachts bücher nicht nur das religiöse Denken und Fühlen ihrer Zeit spiegeln, sondern mit Inhalt und Form auch von den äußeren Lebensumständen sprechen; sie setzen Zeichen der Zeit auf geistigem und sozialem Gebiet. Es mag so mancher auch daran zweifeln, ob man sich aus dem heute noch vorhandenen Bestand an alten Gebetbüchern ein verlässliches Bild über die in einem Dorfe verwendete Andachtsliteratur machen kann. Zweifellos ist ein bedeutender Teil nicht nur infolge der Kriegs- und Nachkriegswirren, sondern vor allem im Zuge des Neu- und Umbaus der Häuser verloren gegangen. Das bezeugen die Antworten, die man auf Erkundigungen bekommt. Trotzdem dürfte es von Nutzen sein, wenn wir versuchen, auf Grund der vorhandenen Exemplare eine Rückschau zu halten, uns mit der Rolle der Gebet- und Glaubensbücher in den vergangenen Jahrhunderten näher zu beschäftigen und vielleicht damit in den Familien das Interesse am eigenen alten Buchbesitz zu wecken, ihn vor weiterem Verfall zu retten.

Als Grundlage dieser Besprechung dienen 93 katholische Gebets- und Glaubensbücher, zwei lutherische Bibeln und vier Kalender bzw. Zeitschriften aus Donnerskirchen. Davon entfallen rund 90 in die Zeit von 1706 bis 1919, also auf mehr als zwei Jahrhunderte. Besondere Beachtung verdienen 8 handgeschriebene, reich- verzierte Gebetbücher, eine stattliche Zahl für eine einzige Gemeinde.

Die in der Zeit zwischen den zwei Weltkriegen publizierten Andachtsbücher sind der älteren Generation sicherlich noch in Erinnerung. Sie in ihrer Vollständigkeit zu erfassen und zu besprechen, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Wir wollen nur mit einigen Beispielen den Zusammenhang mit der Gegenwart herstellen. Der Begriff "Glaubensbücher" in der Überschrift bedeutet, dass in unserer Sammlung außer Gebetbüchern auch anderwärtige Glaubensliteratur, wie Lehrbücher, Katechismen, biblische Nacherzählungen und Bibeln vorkommen. Die Gliederung des Stoffes nehmen wir wie folgt vor:

1. Handgeschriebene Gebetbücher
2. Die Gebetbücher des Kapuzinerpaters Cochem
3. Gebetbücher aus dem 18. Jahrhundert
4. Herz-Jesu-Verehrung
5. Großformatige Erbauungsbücher
6. Firmungsbücher um 1900
7. Bücher mit Großdruck
8. Glaubensbücher und biblische Texte aus dem 18. und 19. Jh.
9. Der III. Orden der Franziskaner und seine Andachtsbücher
10. Gebetbücher der Raaber Diözese aus der Biedermeierzeit
11. Das Kirchenlied, besonders in den Gebetbüchern der Raaber Diözese
12. Aus der Verkaufspraxis in vergangenen Jahrhunderten
13. Über die Familieneintragungen

Bezüglich der Texte muss beachtet werden, dass sie häufig auf sehr alte Vorlagen zurückgreifen und somit dem Zeitgeist und der Religiosität der Epoche, in der sie abgeschrieben bzw. gedruckt wurden, überhaupt nicht Rechnung tragen. Dies ist der Fall mit unserem ältesten Text, der aus einem Gebetbuch des Jahres 1647 entnommen, erst 1827 kopiert wurde; oder mit dem Erbauungsbuch des P. Goffine, das 1690 das erstemal in Druck ging, doch auch wieder 1896 verlegt wurde. So finden wir in jedem Jahrhundert ein buntes Nebeneinander von Altem und Neuem. Bei Durchsicht aller vorhandenen Exemplare musste festgestellt werden, dass sich seit dem ältesten Gebetstext des Jahres 1647 bis zum heutigen "Gotteslob" in der Grundstruktur wenig geändert hat, weil sie sich aus dem Glaubens- leben der Kirche ergibt. Jedes der Andachtsbücher beginnt mit Morgen- und Abendgebeten, es folgen Gebete zur Beichte, zur Kommunion, Messgebete, Andachten zum Kirchenjahr, Heiligenverehrung, Standesgebete, Sterbe- und Begräbnisgebete. Diese Themenkreise haben ihren Ursprung im Klosterleben des Mittelalters. Die Gebetbücher des Mittelalters wurden von Mönchen hauptsächlich zum klösterlichen Gebrauch geschrieben. Sie bedeuteten derartige Kostbarkeiten, dass unter den Laien nur allerhöchste Persönlichkeiten welche besaßen. Eine entscheidende Wende trat mit der Erfindung der Buchdruckerkunst 1445 in Mainz ein, die eine raschere und billigere Erzeugung ermöglichte. Aber erst im Zeitalter der Reformation und der Gegenreformation, durch den Glaubensstreit, wurde die Gebetsliteratur für die niedrigeren Schichten zugänglich. Die Protestanten waren an der Verbreitung der Bibellektüre interessiert, sorgten daher im 16. Jh. für die Unterweisung des einfachen Mannes im Lesen und Schreiben in Stadt und Land. Auch in unserem Dorfe ist die Bibellesung bezeugt. Nach dem Sieg der Gegen reformation im 17. Jh. überfluteten die neu erstarkten Orden die rekatholisierten Länder mit ihren Andachtsbüchern. Unsere Andachtsbuchsammlung schließt ihrem Inhalt und Geist nach an diese Zeit an.

Die Wertschätzung des Gebetbuches offenbarte sich bis in das 20. Jh. darin, dass man dem wertvollen Inhalt eine gefällige, dauerhafte Ausstattung zubilligte. Vielfältige Illustrationstechniken und Einbände sprechen dafür, besonders im 19. Jh. Auch damals kostete das Gebetbuch noch gutes Geld, für so manche Familie war es unerschwinglich. Es gab auch praktische Schwierigkeiten: der moderne, billige Postverkehr besteht erst seit dem Bau der Eisenbahn, in unserer Region nicht einmal seit hundert Jahren. Die Beschaffung von Büchern war also auch umständlich. Damit kommen wir zur Frage, weshalb sich manche Familien ihre Gebetbücher schreiben ließen, anstatt gedruckte zu kaufen. Noch vor ca. 150 Jahren gab es in den Ortschaften gelegentlich "Büchelschreiber", die gedruckte Gebetbücher kopierten und nach Belieben und Können verzierten. Möglicherweise war dies eine Nebenbeschäftigung der damaligen Schulmeister, die ihren kargen Lohn damit aufbesserten. Vielleicht war ein geschriebenes Gebetbuch nicht wesentlich teurer als ein gedrucktes, und man hatte an den bunten Verzierungen auch noch seine Freude.

Die Entstehung unserer handgeschriebenen Andachtsbücher steht mit der Familiengeschichte der Besitzer in engster Beziehung. Die Vererbung der Bücher erfolgte nämlich überwiegend über die weibliche Linie, wie es die Eintragungen bezeugen. Das ist auch der Fall mit unserem ältesten handgeschriebenen Buch aus dem Nachlaß der Familie Mädl: - Geistliches Buch: Vorinen Schöne außerlesene Gebetter zu finden seynd: Anno Domini 1774 (Bes. Margit Gölles). Der Familientradition entsprechend wurde es von einer Klosterfrau, die aus der Familie stammte, geschrieben. Sie nennt keine Vor lage, die Textgestaltung zeugt aber für eine geistig hochstehende Frau. Die Ordenspraxis spiegelt sich in der Auswahl der Gebete: Die Liturgie, Tagzeitenandachten, Gebete zur hl. Dreifaltigkeit, Betrachtungen vor dem hl. Kreuz stehen im Vordergrund.

Nur zehn Seiten widmet sie der Heiligenverehrung, es fehlen die Standesgebete. Elterliches Leid kommt in den Familieneintragungen zu Tage. Einer der Eltern notiert, dass 1784 eine Tochter im 2. Monat und 1788 ein Sohn im 9. Monat "in jene Welt gereiset" sind. Kunstvolle Ornamentik der Überschriften und eine zierliche Kurrentschrift zeichnen das Buch aus. Ein treffendes Beispiel, wie die Frauen das geistliche Erbe hüteten, ist der Bücherschatz der Familie Martin und Anna Ritter geb. Gruber (Johannesstr. 41), die nicht weniger als vier handgeschriebene Gebetbücher ihr Eigen nennen. Zwei davon stammen von den weiblichen Ahnen der Familie Ritter, die Stotzinger Herkunft sind.

Das eine, betitelt "Geistlicher Schild gegen geistliche und Leibliche gefährlichkeiten allzeit bey sich zu tragen...", wurde von einem Schreiber namens Michael Pirzel in"Loreta" 1827 kopiert, als Vorlage diente ihm ein Gebetbuch, das in Trier 1647 gedruckt wurde. Es stellt somit in unserer Sammlung den (bereits erwähnten) ältesten Text dar. Als Besitzerin hat sich Theresia Unger in Donnerskirchen, geb. Karrer (Jahrg. 1867) aus Stotzing eingetragen. Auf dem Vorsatzblatt setzte ihre Tochter Theresia, verh. Ritter, die Eintragungen fort.

Inhaltlich und im Ausdruck gehört das Büchlein zu den altertümlichsten unserer Sammlung. In Kleinformat (10 x 15 cm) gehalten, sollte es der Besitzer ständig - wie der Titel sagt - als Schild gegen alle Feinde zu Wasser oder zu Land, "auf allen seinen Wegen und Stegen" bei sich tragen. Magische Vorstellungen in den verschiedenen Segenssprüchen weisen auf Gebetbücher des Mittelalters. So werden die Hl. Drei Könige als Magier schon im Gebetbuch der Königin Agnes von Ungarn beschworen (ca. um 1300) und so auch hier als Weggefährten um Schutz angesprochen.

Das Büchlein gibt auch eine Serie von Großbuchstaben an, die an sich kein sinnvolles Wort ergeben, trotzdem wie eine Zauberformel von der Pest bewahren sollen. Eine ähnliche Zauberkraft schreibt eine Handschrift vom Nonnberg in Salzburg aus dem Jahre 1476 dem Buchstaben T zu. Jahrhunderte hindurch standen die Menschen dieser furchtbarsten aller Seuchen hilflos gegenüber. Gerade auch im 17. Jahrhundert grassierte der "schwarze Tod" wiederholt in unserem Land. So mag es uns nicht wundern, dass man sich an abergläubische Mittel klammert. Der Büchelschreiber schrieb den Text in regelmäßiger Kurrentschrift, auf dem Titelblatt und in den Überschriften ahmte er in roter Tinte den Frakturdruck kunstvoll nach, bemühte sich aber sonst um keinen besonderen Zierat.

Im Gegensatz dazu hat der Schreiber des zweiten Gebetbuches aus dem Ritterischen Erbe mit Schnörkeln und kunstvollen Initialen nicht gespart und seine Blätter mit einer Zierleiste versehen. Der Name des Schreibers ist nicht vermerkt, aber die Erstbesitzerin Rosalia Hueberin trug die Jahreszahl 1782 ein. Nach der Mode der damaligen Zeit sind Kupferstiche eingeklebt. Aus der Ausdrucksweise zu schließen, stammt der Text aus einem wesentlich älteren Gebetbuch. Nicht nur die Verzierungen sind voll barocker Schnörkel, sondern auch die Sprache, wie schon der maßlos lange Titel zeigt, den wir als Beispiel für den Stil der damaligen Zeit wörtlich zitieren wollen: "Himmlische Frauenzierde oder Geistlicher Sellen Geschmack, Worinnen auserlesene Andachts Übungen, mit welchen sich ein gottliebendes Herz als mit himlischen Kleinodien bezieren und ausschütten solle." Alte Benennungen der Wochentage, die noch in den Zeiten unserer Urgroßmütter gebräuchlich waren, sind darinnen: "Erchtag" für Dienstag sowie "Pfingstag" für Donnerstag ("Pfingst" aus griech. "pente" = fünf, d. h. fünfter Tag der Woche). Das große Anliegen, Schutz gegen die Pest zu suchen, kommt hier im Gebet zur Hl. Rosalia, einer der Pestheiligen, zum Ausdruck. Auf dem letzten Leerblatt finden wir wieder Theresia Unger mit ihrem Mann Joseph, die Großeltern der jetzigen Ritter-Generation, eingetragen.

Den Vorfahren von Frau Anna Ritter (geb. Gruber) gehörte das von Mathias Freitag in Winden Anno 1819 signierte handgeschriebene Gebetbuch. Er war mütterlicherseits der Urgroßvater des Fleischhauermeisters Michael Gruber.

In der Vorrede heißt es: "Allhier präsentiere ich dir, andächtige Seele, ein wohlgepflanztes geistliches Meßbuch, darin ein schöner Baumgarten gepflanzt...". Die Idee, das Gebetbuch mit einem Garten, und die Gebete mit darin gepflanzten Bäumen zu vergleichen, finden wir schon in Titeln des Andachtsbuches des Humanisten Sebastian Brant (1457 - 1521): "Hortulus animae - Seelengärtlein". Die Vorstellung erhielt sich bis ins 20. Jahrhundert. Viele in unserem Dorfe sind wohl noch im Besitze des "Kleinen Baumgärtchens", 1906 in Neusiedl am See erschienen, das seinen Titel auf solch alte Bildersprache zurückführt.

Dem vierten handgeschriebenen Gebetbuch der Fam. Ritter fehlt das Titelblatt, es gibt auch keinerlei Eintragungen der Besitzer. Nach Stil und Inhalt lässt es sich dem frühen 18. Jh. zuordnen. Der Schreiber muss mit der Schriftsprache wenig vertraut gewesen sein, die Unregelmäßigkeiten der Schreibweise erschweren gelegentlich das Lesen. Er legte jedoch - wie alle Schreiber- Wert auf saubere, bunte Schrift und Zierrahmen. Eine besondere Freude an prachtvoll dekorierten, großen Initialen und Zierleis ten hatte Josef Hafner, der Schreiber des Andachtsbuches im Besitze der Familie Johann Neumayer, Johannesstr. 32, entstanden im J. 1806, jedoch sicherlich von einer wesentlich älteren Quelle kopiert. Der Inhalt wird, dem barocken Brauch entsprechend, schon im Titel angegeben: "Gebett-Buch Worinn zu finden Morgenn abend gebeter wie auch die heilige Meß. Die Vesper samt einigen Beicht und Kommunion gebettern und andere sehr kräftige gebeter." Letztere Wörter ("kräftige Gebeter") treffen wir in vielen alten Gebetbüchern als Ausdruck einer zuversichtlichen Frömmigkeit.

Das siebente in der Reihe handgeschriebener Gebetbücher betitelt sich "Geistliches Handbüchlein eines Christen", eine für die damalige Gewohnheit kurze Überschrift. Darunter heißt es weiter "Mark(t) Donnerskirchen, Geschrieben im Jahr 1830. Johannes Rohrer." (Ein Urahne auf der weiblichen Linie der jetzigen Besitzer Auer-Maar, Hauptstraße 44). Der Familientradition nach soll Johann Rohrer auch der Schreiber des Buches gewesen sein, bei Betrachtung der äußerst fein und regelmäßig nachgeahmten Frakturschrift, der auf Millimeter genauen, syme trischen Anordnung von Überschriften und der Linienführung muss man das bezweifeln. Auch die zarten, geschmackvoll kolorierten Illustrationen voll christlicher Symbolik sprechen für einen besonders begabten und geübten Schreiber. Interessanterweise gibt es auch in diesem Buch "Buchstaben wider die pest zu tragen", ein wohl sehr verbreitetes magisches Abwehrmittel.

Unser jüngstes handgeschriebenes Gebetbuch kommt aus der Hand des Donnerskirchener Lehrers Fuchs aus dem Jahre 1899. (Fam. Gölles, Eisenstädter Str. 1.). Da es für eine Ahne namens Elisabeth Liszt geschrieben wurde, hat der Schreiber als Vorlage ein "Elisabeth Büchlein" gewählt und ein Gedicht zur hl. Elisabeth an den Anfang gestellt. Auf den 220 Seiten können wir eine musterhaft regelmäßige Kurrentschrift bewundern. Das Buch zeigt, wie lange sich die Tradition der handschriftlichen Gebetbücher erhalten hat.

Im Folgenden wollen wir uns mit den gedruckten Gebetbüchern befassen, die ihre Quellen gleichfalls im Mittelalter haben. In ihrer Thematik können wir zwei Hauptabschnitte unterscheiden: In einem geht es um liturgische Texte, wie Messgebete und Psalmen, weiters Beicht- und Kommuniongebete, Andachten zu den Festtagen des Herrn, Tagzeitengebete. Sie alle sind vom Wandel weniger betroffen als der zweite Abschnitt. Dieser ist der Heiligen-Verehrung, besonders zu deren Namensfesten, den Standesgebeten, Litaneien, Wallfahrtsgebeten, Sterbe- und Begräbnisandachten gewidmet. Orts- und Zeitverhältnisse haben auf sie einen entscheidenden Einfluss. Dieser Teil der Gebetbücher weicht von den heutigen am meisten ab und spiegelt den Wandel der Frömmigkeit wider, daher wollen wir ihn besonders ins Auge fassen. Die Nöte des einzelnen Menschen fanden in diesen Texten ihren Widerhall. Jedes Anliegen hat seinen Schutzpatron. Je genauer ein Gebet auf das persönliche Schicksal abgestimmt ist, desto "kräftiger" wirkt es. Diese Tendenz, die Andachten zu konkretisieren und individuell zu gestalten, zeigt sich schon im Spätmittelalter (Mystik) und findet in der Barockzeit ihre Fortsetzung.

Einer der erfolgreichsten Gebetbuchautoren des 17. Jahrhunderts, der deutsche Kapuzinerpater Martinus Cochem, dessen Werke bis in das späte 19. Jahrhundert immer wieder überarbeitet und neu herausgegeben wurden, verstand sich besonders gut darauf. In seinem Andachtsbuch "Der große Myrrhengarten des bitteren Leidens" (Fam. Ritter), das 1872 die 22. Auflage erlebte wie auch die "Himmelschlüssel"-Bücher stellen dies unter Beweis. Unser ältestes, mit dem Titel "Himmelschlüssel" aus dem J. 1746 (Fam. Josef Erhardt, Hauptstr. 54), gedruckt auf Grund einer Erstausgabe von 1689, findet seine Fortsetzung in der Reihe: "Goldener Himmel-Schlüssel", um 1840 (Fam. J. Neumayer und Josef Köstner, Hauptstr. 35), "Goldener Mittlerer Himmelschlüssel" aus d. J. 1859 (Fam. Martin Ritter, Auer-Maar, Maria Schmidt, Hauptstr. 22), weiters "Kleiner neuverbesserter geistlicher Himmelschlüssel", herausgegeben bei Leopold Ignatz Wiederkom, Buchbinder in Eisenstadt (Fam. Josef Köstner). Ein Beispiel der blumenreichen Sprache der Originalaus gabe ist das " Lob-Grüßlein zu Maria:... ich preise dich so viel tausendmal als Sandkörnlein am Meer, Tröpflein in den Wässern... blühende Rose der himmlischen Wohllustbarkeit...".

Nach mittelalterlicher Tradition spielt die Zahl 7 bei den Andachten eine besondere Rolle: 7 Bitten zum göttlichen Heiland, zu den 7 Schmerzen Maria, zu den 7 Blutvergießungen. Wir finden Standesgebete, wie das einer ledigen Person, einer Witwe, einer Ehefrau, einer unglücklich Verehelichten (seine Vorrede zum "Himmelschlüssel" richtet er "auf das sämtliche andächtige Weibergeschlecht"), eines schwangeren Weibes, Seufzer eines gebärenden Weibes, Danksagung nach der Geburt; besondere Anliegen: um Schönwetter, um Regen, z. Zeit eines Ungewitters, um tägliche Nahrung. Im "Myrrhengarten" gibt es "11 Gärtlein in allerlei Anliegen": Gebet eines Unterdrückten; eines Verläumdeten; einer Mutter, die ein ungeratenes Kind hat; in Hungersnöten, zur Zeit der Pest, der Cholera, usw.

In der Vorrede zum "Myrrhengarten" beruft sich P. Cochem auf 30 von ihm in Druck gegebene Gebetbücher. Die Kapuziner waren die Volksmissionare jener Zeit, verfügten über weitverzweigte Ordenshäuser, und - wie in der 1746er Ausgabe des Cochem-"Himmelschlüssel" zu lesen ist - ihre Privilegien wurden von Kaiser Franz, dem Gatten Maria Theresias bestätigt.

Einige unserer Drucke aus dem 18. Jh. sind leider nur Bruchstücke und wurden auf dem Dachboden des Erbhofes Josef Bayer, Hauptstraße 40 gefunden. Unter ihnen befinden sich die zwei ältesten gedruckten Andachtsbücher von Donnerskirchen, soweit sie uns bekannt sind. Das eine Bruchstück aus dem Jahre 1706 trägt die damals übliche lange Überschrift: "Schönstes Vorbild Aller Dienst-Mägden/Das ist Notburga/Die durch ganz Tyrol und Bayrn berühmte Heilige Jungfrau/Auß dem untern YnnThall/ von Rottenburg/Brixnerischen Bisthums." Es folgt eine ausführliche Schilderung ihres Lebens mit den Wundern und ein "Lehrstück" für alle "Dienst-Mägden", wie sie Gott und den Menschen gefällig dienen sollen. Gebete, für Dienstmägde bestimmt, kommen auch in späteren Büchern vor, u. zw. bei den Standesgebeten.

Ein besonders interessantes Fragment aus dem Jahre 1717 ist ein Regel- und Gebetbuch der "Erz-Bruderschaft" der Augustiner-Eremiten, einer Laienvereinigung in der Art einer Gebetsbruderschaft, wie es sie im Mittelalter in reicher Auswahl gegeben hat. Der erste Teil des Buches erläutert auf 200 Seiten die Vorteile der Mitgliedschaft, nämlich reichliche Möglichkeiten der Ablassgewinnung. Darauf folgt auf 122 Seiten (!) ein Ablasskalender für die Mitglieder. Ein beträchtlicher Anteil, über 100 Seiten, zählt allein die heiligen Stätten Roms auf, wo Ablässe zu gewinnen sind, so die St. Paul-, Laurenzius- und St. Peter-Basiliken, mit so übertriebenen Zahlen wie 1000 Jahre oder 1200 Jahre Ablass. Die unsinnige Ablasspraxis des Spätmittelalters scheint hier eine Fortsetzung gefunden zu haben. Selbst wenn als Vorbedingung der Empfang der Sakramente und das Tragen des Bußgürtels genannt wird, muss dies bei Zeitgenossen des Aufklärungszeitalters Anstoß erregt haben. Es soll hier betont werden, dass ich in keinem unserer übrigen Gebetbücher auf Ähnliches gestoßen bin. Augustiner-Eremiten waren in Lockenhaus, die auch in Wien/Landstraße eine Bruderschaft zu Ehren der hl. Monika und des hl. Augustinus errichteten (J. Rittsteuer: Kirche im Grenzraum, S. 306). Auf Grund unseres Buches könnte man annehmen, dass es eine solche Gürtelbrüderschaft schon zu Beginn des 18. Jahrhunderts auch im nordburgenländischen Raum gegeben hat. Auf eine besondere Andachtsform weist ein kleines Flugblatt aus einem fragmentarischen Andachtsbuch. Die Überschrift des Heftleins lautet: "Herzliche Anmuthung zu dem lieben Christ- Kindlein", gedruckt bei Franz Andre Kirchberger, der in Wien von 1740 bis 1771 seine Druckereioffizin hatte. Die Kindheit Jesu spielte in der mystischen Frömmigkeit des Spätmittelalters eine große Rolle. In der Barockzeit erhielt diese Art der Andacht in der Verehrung des sog. Prager Jesuleins - dessen Statue wir auch in unserer Bergkirche auf dem 1. Seitenaltar haben - weiteren Nährboden. Einige Zeilen des Flugblattes sollen uns die Sprache dieser Zeit nahebringen:

"Ich wollte dich ach lasse mich, Mit beyden Armen fassen, Und ohne Gwalt dich nicht so bald, Von meinen Herzen lassen. O Wunder der Barmherzigkeit, Ich falle dir zu Füssen, Vergun dich mir ein kleine Zeit, Und laß mich deiner gniessen. "

Das Flugblatt gibt uns einen Anhaltspunkt über die Entstehungszeit des 320 Seiten umfassenden Gebetsbuchfragmentes, in welchem ich es gefunden habe. Jenes weist in seiner Denkweise und Frömmigkeitsform gleichfalls in das Mittelalter zurück. Unter den Heiligen genießt neben Maria, Josef und Anna der hl. Antonius von Padua eine hervorragende Stellung. In der "Neun-Diensttägigen Andacht" wird er als "großer und weitberühmter Heiliger Vatter Antoni" angesprochen. Im Sanct-Antoni Responsorium "um verlorne Sachen wider zu finden" wird ihm nahe zu göttliche Kraft zugesprochen:

"Wer Wunder sucht, und Zeichen will, Bey St. Antoni findt er vil. Der Todt, der Irrthum, Aussatz, Noth, Der Teufel selbst mit seiner Rott, Weicht ab von dannen gar geschwindt, Wo er Antoni Fürbitt find... Das Meer wird still, die Eysenband Zerbrechen sich ohn Menschen-Hand Verlohrnes Glid, verlohrnes Gut, Er villen wider bringen thut."

Für die altertümliche Sprache bezeichnend sind in diesem Buch einige heute nicht mehr gebräuchliche Monatsnamen: Brachmonat/ Juni, Heumonat/Juli, Herbstmonat/September, Weinmonat/Oktober, Wintermonat/November, Christmonat/Dezember.

In dem an Gebetbüchern reichen Nachlass der einstigen Fam. Rohrer (heutige Bes. Auer- Maar) liegt ein Andachtsbuch ohne Titelblatt und Jahreszahl vor, das aber mit seinem Gebets- gut in das 18. Jh. gehört, denn aus der Heiligenverehrung und den Standesgebeten spricht die ganze Not der damaligen Menschen: Angst vor der Pest (Gebete zu den Pestheiligen Rochus und Sebastian); Gebet bei Zahnweh (Apollonia); um glückliche Geburt (Margareta), um seligen Tod (St. Katharina v. Siena, Rosa v. Lima, Magdalena v. Pazzis, Barbara). Die Standesgebete sind, wie bisher, fast ausschließlich für Frauen bestimmt. Besonders konkretisiert sind jene auf die einzelnen Phasen der Entbindung. All die Angst der Gebärenden und ihrer Familie kommt in ihnen  Kirchengeschichte zum Ausdruck:

"Christe Jesu... wir befehlen dir dieses arme gebärende Weib, und bitten dich durch die drei schmerzhaften Stunden, in welchen du in unaussprechlichen Peinen am hl. Kreuze gehangen bist: ach hab doch Mitleiden mit dieser deiner Dienerin, und erlöse sie von ihrer großen Qual..."

Einzig im "Gebet der Eheleute um tägliche Nahrung" und im "Gebeth der Eltern für ihre Kinder" ist das männliche Geschlecht miteinbezogen.

In vielen der bisher besprochenen Gebetbüchern wird ein beträchtliches Kapitel der Vorbereitung auf den Tod gewidmet. P. Cochem unterteilt sie beispielsweise in ein "Geistliches Testament", in welchem der noch gesunde Mensch Rückschau hält, Reue erweckt, in Gottes Willen sich fügt; weiters in Gebete für Kranke, Sterbende, zur Erlangung der vorigen Gesundheit; Gebete, die ihren Ursprung wohl in der mittelalterlichen Erbauungsschrift "Ars moriendi" (Kunst des Sterbenden, 15. Jh.) haben. Die Katastrophenstimmung war Jahrhunderte lang nicht gewichen, wie sie das lateinische Kirchenlied des 11. Jahrhunderts zum Ausdruck bringt: "Media vita in morte sumus" (in der Lutherischen Übersetzung heißt es: "Mitten wir im Leben sind mit dem Tod umfangen"). Neben Epidemien ließen häufiges Kindes- und Kindsbettsterben schon bei der jungen Generation die Gedanken an den Tod nicht abreißen, die Vorbereitung dazu empfand man wohl als viel dringender als heute. In unserer Sammlung können wir die Herz-Jesu-Verehrung über 150 Jahre verfolgen. Unser frühestes Dokument dazu erschien in Augsburg 1771: "Zwölffreytägige Andacht zu dem heiligsten Herzen Jesu...Aus dem Wälschen übersetzt von einem Priester der Gesellschaft Jesu" (Auer-Maar). Im Vorbericht des Übersetzers, der seinen Namen nicht nennt, erfahren wir, dass nach dem Tod der Salesianerinnennonne Margareta von Alacoque 1690 in Paray le Monial ihre Offenbarungen in Frankreich allgemein bekannt wurden. Der Jesuitenorden bemühte sich, auch in deutschen Landen die Gläubigen dafür zu gewinnen. Der Verfasser will mit diesem Buch einen Beitrag dazu leisten. Zwei Jahre nach seinem Erscheinen wurde der Jesuitenordenaufgelöst, was der Verbreitung der Andacht äußerst abträglich war. Entsprechend dem aufklärerischen Geist ließ Kaiser Josef nach seinem Regierungsantritt 1780 die Herz-Jesu- Bilder aus den Kirchen entfernen. Nach seinem Tode kam es zwar in Tirol zu einer Erneuerung - Andreas Hofer machte ein Gelübde zur Verbreitung der Andacht -, aber die freigeistige Gesinnung der bayrisch-französischen Besetzer verbietet weitere Aktivitäten. Margareta v. Alacoque wird erst 1864 von Pius IX. selig gesprochen und ihr Fest in der gesamten Kirche eingeführt. All diese Einzelheiten berichtet uns das "Große- Herz-Jesu-Buch", das in unserer Sammlung in zwei Exemplaren erhalten ist (Fam. Franziska Koller, Hauptstr. 40 sowie Fam. Alois Kroyer, Johannesstr. 37). Zur Geschichte der Herz-Jesu- Verehrung muss betont werden, dass sie ihren Anfang in der deutschen Mystik hat. Im bereits erwähnten ersten deutschsprachigen Gebetbuch, das der Habsburgertochter Königin Agnes von Ungarn (gest. 1364) gehörte, finden wir das ältes te deutsche Herz-Jesu-Gebet. Es ist dies eine der wenigen speziellen Andachtsformen, die sich bis in unsere Zeit erhalten hat. Ein Zeugnis aus unserem Jahrhundert haben wir in dem Büchlein "Das göttliche Herz Jesu", erschienen 1914 bei der Klagenfurter St. Josefs-Buchbrüderschaft. (Auer-Maar)

Das Große Herz-Jesu-Buch (1897) ist nur eines der großformatigen Erbauungsbücher um 1900. Man kann sich fragen, was der Sinn und Zweck dieser Bücherriesen von 22 x 28 cm Größe und 2 1/2 bis 3 1/2 kg Gewicht war. Sie sind zu schwer, um sie in der Hand zu halten, man kann sie beim Lesen nur entweder aufs Knie oder auf den Tisch legen. Sie ließen sich auch nicht leicht in der Tiefe einer Lade oder einer Zimmerecke verbergen bzw. vergessen. Sie waren dazu im wahrsten Sinne des Wortes zu "gewichtig" und sollten die geistige Mitte der Familien bilden. Sie als Familienbücher zu gestalten, drückt sich darin aus, dass sie für Familieneintragungen eigene Blätter eingefügt haben. Das Bedürfnis danach war schon lange gegeben, denn auch in den wesentlich kleiner gestalteten geschriebenen oder gedruckten Andachts büchern finden wir seit 1800 Familiendaten vor, wie schon wiederholt erwähnt. Man konnte sie allerdings nur auf die meist bunten Vorsatz blätter schreiben. Damit auch weniger Lesefreudige oder Lesekundige an den Riesenbüchern Gefallen haben, wurden sie mit einfarbigen oder bunten Illustrationen aus dem Leben Christi und der Heiligen in alten und modernen Drucktechniken (Holzschnitt, Kupferstich, Lichtdruck usw.) versehen, bes. das Titelbild mit seiner Farbenpracht zog die Aufmerksamkeit auf sich und nahm so die Stelle eines Hausaltares ein.

Wir können noch über vier weitere großformatige religiöse Bücher berichten. "Jesus! Maria! Josef! Ein geistiger Hausschatz..." (Fam. Karl Moyses, Bergstr. 20) betitelt sich ein Auszug aus dem Leben Christi von dem schon wiederholt erwähnten Kapuzinerpater Cochem. Das Original wurde 1707 in Venedig herausgegeben. Im "Familienregister" sind die Daten der Fam. Anton Biller und die Jahreszahl 1883 eingetragen.

"Hausschatz", "Erbauungsbuch" sind die vielverwendeten Wörter in den Titeln seit der Biedermeierzeit. "Der katholische Hausschatz. Ein Wegweiser und Erbauungsbuch" (Auer- Maar) ist in der 3. Auflage erst 1927 erschienen, gehört aber dem Inhalt und Geist nach völlig in die 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Der Verfasser Joseph Müller bestätigt, dass er "alte, ewige Grundlagen" vermitteln wolle. Es enthält Meditationen in Prosa und Vers über Bibel, Sakramente, Heilige, Standespflichten und Standesrechte.

Über 1200 Seiten enthält die "Große illustrierte Heiligenlegende" auf alle Tage des Jahres. Mit 1000 Holzschnitten in Ulm mit bischöfl. Approbation 1858 herausgegeben. (Fam. Martin Hatscher, Hauptstr.)

Einer von viel andächtiger Lektüre abgegriffener und zerpflückter Band ist "Das arme Leben und bittere Leiden unseres Herrn Jesu Christi und seiner heiligsten Mutter Maria nebst den Geheimnissen des alten Bundes nach den Gesichten der gottseligen Anna Katharina Emmerich. Aus den Tagebüchern des Clemens Brentano, herausgegeben von P.C.G. Schmöger" (1890). Die Visionen der stigmatisierten Augustinterinnennonne aus Agnetenberg/Westfalen werden von dem großen romantischen Dichter C. Brentano in leicht lesbarem, schlichtem Stil nacherzählt, wobei freilich die Visionen von der dichterischen Phantasie nicht leicht zu scheiden sind. Die wortkargen biblischen Texte werden mit unzähligen neuen Episoden und bis ins kleinste geschilderte Einzelheiten ausgeschmückt, sodass wir ein äußerst lebendiges Bild des damaligen Palästina erhalten.

Das berühmteste aller bisher besprochenen großen Andachtsbücher, ein weltbekanntes Werk der Erbauungsliteratur, ist "Die Nachfolge Christi" von Thomas von Kempen, einem nieder rheinischen Augustinermönch, gest. 1471 (Fam. Franziska Koller). Der in etwas kleinerem Format gehaltene Band ist ein tiefsinniges Werk der Gotteserfahrung und werktätigen Menschenliebe.

Während alle soweit behandelten Großausgaben das Gewicht von 3 1/2 Kilogramm nicht überschreiten, erreicht ein Prachtband in ungarischer Sprache, eine Jubiläumsedition aus Anlaß des 1000jährigen Bestandes des Königreiches Ungarn, das Rekordgewicht von 7 kg: "Jézus Krisztus" von P. Didon, einem französischen Dominikaner (Aus dem Nachlass des verstorbenen Schlossermeisters Alois Schalk, erworben während seiner Gesellenjahre in Budapest). Wir haben es mit einer Nacherzählung und Interpretation des Neuen Testamentes zu tun. Besonders bemerkenswert der Einband: auf der Vorderseite ein auf Seide gemalter goldener Strahlenkranz als Hintergrund für den segnenden Christus.

Alle diese Erbauungsbücher zeugen dafür, dass man sich mit dem Gottesdienst nicht begnügte, dass man religiöses Gedankengut auch zu Hause pflegte. Sie spiegeln den hohen Stand der Bildung jener Familien und Menschen, die solcher Lektüre ihre Freizeit widmeten.

Im Gegensatz zu diesen Großexemplaren stehen die nur ca. 6 x 10 cm "kleinen" Firmungsbücher, leicht im Hosensack oder in der Handtasche zu tragen. Schon der im Geschmack der Jahrhundertwende luxuriös ausgestattete Einband sollte die Jugend ansprechen. Meistens sind sie mit einem Widmungsblatt (Erinnerungs- oder Gedenkblatt) versehen, auf welchem die Namen von Pate und Patenkind mit Firmungsort und Datum eingetragen sind. Wir haben einige Bespiele mit Ledereinband, Goldschnitt und Golddruck (Auer-Maar); weiters mit Kunstleder in Weiß, darauf Blumenranken in Golddruck und Perlmutterkreuz (Irene Niegl, Johannesstr. 35); Messingrahmen mit Elfenbeinschnitzwerk, roter Samtrücken (Fam. Paul und Aloisia Pumpler, Johannesstr. 23).

Zu den drucktechnischen Besonderheiten des 19. Jahrhunderts gehören jene Gebetbücher, die für Sehbehinderte bestimmt sind, mit einem Großdruck von 5 bis 10 mm. Unter den vier Beispielen, die uns zur Verfügung stehen, ist eines bezeichnenderweise "für fromme christliche Frauen", Wien 1822 (3 Exemplare Auer-Maar, ein Exempl. Fam. Rosa Berger, Neusiedlerstr. 5).

Um die Mitte des 18. Jahrhunderts, in der Zeit Maria Theresias, tritt die Notwendigkeit der intensiveren Volkserziehung im Sinne der Aufklärung immer deutlicher zu Tage. Wir haben aus dieser Zeit zwei Katechismusfragmente, ein umfangreiches und ein kleines Flugblatt, letzteres mit 1752 datiert.

Mit dieser Epoche fängt in unserer Sammlung auch eine Reihe religiöser Schriften an, die eigentlich für den Klerus bestimmt waren, aber auch das Interesse der Laien erweckten, wie uns die Namenseintragungen der Besitzer andeuten. Wir haben damit wieder einen Beweis für die Lesefreudigkeit und den Bildungshunger unserer Dorfleute.

Das älteste Lehrbuch, betitelt "Geist- und Sittliche Unterricht In ewigen Wahrheiten", von dem Jesuitenpater Cäsare Calino erschien 1751 und ist sowohl für Laien als auch für die "Herren Pfarrer und Prediger" bestimmt. Laut Eintragung wurde es 1803 von Andreas Wimmer in Wien gekauft (Auer-Maar). Nach Auflösung der Klöster unter Josef II. wurden viele Klostergeistliche in den neugegründeten Pfarren eingesetzt. Für sie erschien 1784 ein Werk, das als Prüfungsgrundlage dienen sollte, mit dem etwas umständlichen Titel: "Renbirs, Gedanken über die den Klostergeistlichen bei Gelegenheit der neuen Pfarreinrichtung in den kaiserlichen Erblanden für die Seelsorge vom kaiserl. königl. Hofe und dem erzbischöfl. Konsistorium, vorgelegten Fragen" (Auer-Maar).

Besonders hervorzuheben ist eine vierbändige Übersetzung des lateinischen Meßbuches ins Deutsche, herausgegeben vom k.u.k. Hofkaplan Josef Mayer in Wien 1782, 102 Jahre vor der ersten Schott-Ausgabe (1884). Nur der 4. Teil ist im Nachlass von Andreas Sommer (Schulgasse), erhalten geblieben (heutige Besitzerin Franziska Scherr, geb. Sommer). Schriftliche Eintragung: "Andenken vom Geistlichen Herren Stefan Bannholzer, Kaplan in Donnerskirchen, gest. den 8. März 1870." Ein weiteres, einst vielberühmtes Handbuch für Priester steht unserer Sammlung zur Verfügung, das immer wieder umgearbeitet, modernisiert wurde. Der Autor ist der Prämonstratenser Leonhard Goffine (1648 - 1719) aus Westfalen.

Sein Unterrichts- und Erbauungsbuch wurde 1690 in Druck gegeben, 1809 erschien eine erweiterte und verbesserte Auflage (Auer- Maar), eine weitere i. J. 1896 (Fam. Kaindlbauer- Schmidt, Hauptstr. 24). Es geht darin um Auslegungen der Episteln und Evangelien an Sonn- und Feiertagen und der daraus gezogenen Glaubens- und Sittenlehre. Einem ähnlichen Zweck dient "Ein Kirchenjahr". Predigten, Homilien und Exhortationen auf alle Sonntage und die meisten Feiertage des katholischen Kirchenjahres. Von Franz Ignaz Wankmüller, Augsburg 1851 (Fam. Köstner).

Nicht nur in der Predigt, sondern auch im Religionsunterricht scheint man Wert darauf gelegt zu haben, die Bibel der Schuljugend in Form von Nacherzählungen und katechetischen Unterweisungen näherzubringen. Dazu diente die "Biblische Geschichte für die Jugend", München 1816 (Auer-Maar), sowie "Einleitung in die Biblische Historie des alten und neues Testamentes"; Ofen 1854, 112 Seiten (Auer-Maar). Die katholische Kirche vermied es noch in der damaligen Zeit, den Laien volle biblische Texte in die Hand zu geben. Wir finden interessanterweise die gleiche lutherische Bibelausgabe bei zwei Donnerskirchner Familien (Leopold Sommer, Johannesstr. 26 und Maria Zimmermann, Hauptstr. 42), u. zw. "Die Schriften des Alten und Neuen Testamentes übersetzt und herausgegeben von Leander von Eß", Sulzbach 1868.

Hervorzuheben ist noch ein vielbändiges Werk von hohem wissenschaftlichen Niveau, von welchem im oben erwähnten Nachlass des Andreas Sommer nur der 4. und 9. Band erhalten sind: "Kirchen-Lexikon" herausgegeben von Heinrich Joseph Wetzer und Benedikt Weite. Herdersche Verlagsbuchhandlung, Freiburg i. Breisgau. 1850 - 52.

Der Anbruch des technisch-wissenschaftlichen Zeitalters, die Revolution von 1848 hatten soziale Umwälzungen und das Zunehmen materialistischer Weltanschauungen zur Folge. Die Fabriken machten so manches Handgewerbe überflüssig, die Zünfte zerfielen, brotlos gewordene Handwerker zogen in die Stadt, in die Fabrik. Sie waren nicht nur sozial, sondern auch religiös gefährdet. So hat Pius IX., i. J. 1857 den Plan gefasst, an Stelle der Gewerbevereine im III. Orden des hl. Franziskus ein neues religiöses Zunftwesen, eine Gebetsbruderschaft zu schaffen. Dies erfahren wir aus dem "Seraphischen Handbuch für die Mitglieder des III. Ordens des hl. Vaters Franziskus v. Assisi", Salzburg, 1884 (Koller Philoniena, Bahnstr. 95). Dass sich die Erwartungen des Papstes nicht erfüllt haben, geht aus der Klage des Autors, P. Fulgentius Hinterlechner, hervor, dass der III. Orden nur wenige männliche Mitglieder aufweise. Er erlebte nach dem Ersten Weltkrieg unter den Frauen des ländlichen Raumes regen Zuspruch, wie die zahlreichen Regelbücher aus dieser Zeit beweisen. Mit dem Zweiten Weltkrieg ging die Bewegung unter.

Ein weiterer Versuch, dem anti-religiösen Zeitgeist entgegenzutreten, zeigt sich in den Gebetbüchern, die die Verehrung des Altarsakramentes in den Vordergrund stellen. Ein Andachtsbuch vom hl. Alphons Maria von Liguori, Wien, 1858, geht bei den Betrachtungen jedes- mal aus einem Schriftwort aus, und man trifft immer wieder den Begriff der "Geistlichen Communion". Es leitet zu dem großen Anliegen des Papstes Pius X. über, der mit seinem Dekret vom Jahre 1905 den Gläubigen die häufige, ja tägliche Kommunion nahelegt. Das Büchlein "Auf zum Gastmahl!" von P. Heinrich Müller, Mainz 1915, (Auer-Maar) will dazu einen Beitrag leisten.

Um die Jahrhundertwende bemühte sich die St. Josef-Bücher-Bruderschaft um die Edition populär-religiöser Schriften in billigen Ausgaben. So erschien die Hl. Schrift in vielen Heftlieferungen wie auch der "St. Maria und St. Josef-Kalender zur Förderung des christlichen Lebens" (Fam. Köstner). Eine starke Breitenwirkung hatte noch der Katholische Volksverein in der k.u.k Monarchie, seine Druckschriften überschritten nach einer Angabe im "Katholischen Volksvereinskalender" i. J. 1916 30 Millionen (Büchersammlung der Fam. Köstner).

Schließlich und nicht zuletzt möchte ich mich jenen Gebetsbüchern widmen, die in der Raaber Diözese, zu der wir Nordburgenländer bis zum Anschluss an Österreich gehörten, entstanden sind. Die frühesten, die uns zur Verfügung stehen, lassen sich dem Inhalt, der Sprache und der Ausstattung nach in die späte Biedermeierzeit, also um 1850 einordnen.

Sie zeigen bereits die Auswirkungen des Aufklärungszeitalters. Schon während der Regierungszeit Maria Theresias wurden die kirchlichen Feiertage von 100 auf 35 herabgesetzt. Dies betraf in erster Linie die Heiligenfeste. Der aufklärerische Zeitgeist wirkte unzeitgemäßen Relikten mittelalterlicher Frömmigkeit, so auch Übertreibungen in der Heiligenverehrung entgegen. Dies wirkt sich auf die Andachtsbücher nach 1800 deutlich aus. Auch die Sprache wird einfacher, man meidet das Überschwengliche, schlichte Ausdrucksweise wird bevorzugt, barocke Schnörkel fehlen.

Inhaltlich stehen liturgische Gebete im Vordergrund, die Heiligenverehrung bleibt auf Maria, Joseph, die Aposteln und eventuell auf einen (häufigen) Namenspatron, wie Johannes Nepomuk, beschränkt. Umso länger ist die Reihe der Standesgebete.

Von unseren Büchern aus der früheren Diözese ist das älteste wohl vor 1850 entstanden (aus den Illustrationen zu folgern) und nennt sich "Glockentöne der Andacht" von C. F. Spath, einem Benediktiner Ordenspriester vom Frei stifte Martinsberg (Pannonhalma) bei Raab (Auer- Maar). Echt biedermeierlich sind die Gebete um "Stilles häusliches Glück"; "Bitte um Genügsamkeit"; "Bitte um Zufriedenheit mit seinem Stande"; in ihnen wird bereits zaghaft die Frage nach dem Warum des ungeheuren Unterschiedes zwischen "nackter Armut" und "reichem Überfluß" aufgeworfen. Drei Gebete sind einzigartig, wie ich sie in keinem der bisher besprochenen Bücher gefunden habe, und von einem besonders mitfühlenden Herzen des Autors zeugen. Das eine ist das Gebet eines Blinden: "...Sieht mein Auge auch nicht alle Herrlichkeiten, die Du dem menschlichen Auge aufgeschlossen hast, so entzogst Du demselben von der andern Seite wohltätig wieder den Anblick der oft grausamen Verwüstungen, des Schmerzes und bittern Grames im Antlitze des leidenden Menschenbruders...". Ähnlichen Trost versucht das Gebet eines Taubstummen und dessen "Wem Mißgestalt zu Theil ward" zu spenden. Die soziale Note klingt hier durch. Damit schließt sich unser Buchautor zeitgenössischen Verfassern aus anderen Diözesen an, z. B. dem Jesuitenpater A. Neumeyer aus Münster/ Westf., der in seinem Andachtsbuch"Freude an Gott" (1855) (Ida Suchentrunk, Johannesgasse 20) nicht nur die Dienstboten, sondern auch die "Herrschaften" beten lässt: "...mache mich liebreich gegen meine Untergebenen, dass ich sie nicht in unnützer Weise kränke...". Um dem Unglauben entgegentreten zu können, war eine gründliche Ausbildung der Lehrer in der Glaubenslehre notwendig. Das bezweckt ein in "Pesth" 1857 erschienenes Buch: "Stunden der Betrachtung und des Gebetes zunächst für katholische Jugendbildner und Volksschullehrer" von Georg Ehrenreiter, einem Weltpriester. Der Verfasser schrieb dazu das Vorwort in Raab, am 6. Mai 1855, d. i. am 4. Sonntag nach Ostern, als der katholische Lehrsatz über die unbefleckte Empfängnis Maria in allen katholischen Kirchen Ungarns verkündet wurde. Dieses Werk dürfte nicht nur bei der Lehrerschaft, sondern auch bei den übrigen Gläubigen lebhaften Zuspruch gefunden haben. In unserer Sammlung verfügen wir sogar über zwei Exemplare (Fam. Neumayer und Auer-Maar. Letzteres mit der Eintragung: Dieses Buch gehört Anna Bayer zu Donnerskirchen 1868). Schon im ersten Kapitel ruft der Verfasser den Zweiflern entgegen: "Es ist ein Gott!" Wir haben Betrachtungen, wie "In Schwachheit des Glaubens" oder "In Religionszweifeln" - als Zeichen der Auseinandersetzungen um die Religion, die um die Mitte des 19. Jahrhunderts besonders in Fluss kamen. Die Gebetbücher dieser Epoche haben noch eine wichtige Neuerung: Sie nehmen sich des Kirchenliedes an. Die Frage, warum in der Andachtsliteratur des 18. Jahrhunderts Kirchenlieder fast nicht oder nur ganz vereinzelt aufscheinen, bleibt offen. Ab der Mitte des

19. Jahrhunderts treffen wir sie schon als Anhang in den meisten Büchern, allerdings nicht mehr als ca. 25 Lieder. Eine ganz besondere Ausnahme bildet ein "Katholisches Gebet- und Gesangbuch für Kirche und Haus", ohne Verfasserangabe, in Wien mit kirchlicher Druckerlaubnis von 1868 erschienen (Fam. Eduard Suchentrunk). Von den rund 600 Seiten enthalten nur 74 Gebetstexte, der Rest, also knapp 530 Seiten sind für Liedertexte (leider ohne Noten) bestimmt. Dies ergibt eine unglaubliche Liederzahl von 390. Das Vorwort ist für uns Burgenländer besonders bemerkenswert, weil wir daraus erfahren, dass die Veranlassung zur Herausgabe dieses Gebet- und Gesangbuches der "erklärte Wunsch und Wille Seiner Exzellenz des Hochwürdigsten Herrn Primas, vormals Bischof der Raaber Diözese" war. Es sollte für die deutschsprachige Bevölkerung dieser Diözese eine Erinnerung an seine "treueste Hirtenwaltung" sein. Sein Nachfolger, aus der kirchlichen Druckerlaubnis zu schließen, Johannes Simor, betrachtete es als seine Pflicht, jenen "oberhirtlichen Wunsch" zu erfüllen. Der zum Primas von Ungarn aufgestiegene Vorgänger Simors, der Initiator unseres Gesangsbuches, hieß Antonius Karner, geb. 1749 in Ödenburg/ Sopron, und war 1850 - 1857 Bischof von Raab. Das Vorwort zitiert seinen leitenden Grundsatz: "Erhaltung des bestehenden Gebrauchs". Deshalb wurden "außer den gebräuchlichen neueren Liedern, allein jene älteren Gesänge aufgenommen, welche den Gläubigen besonders lieb und eigenthümlich, annoch fortleben". Lieder anderer Diözesen fanden keine Aufnahme, wird betont.

Das Vorwort begründet auch, warum man die Gebetstexte auf das Allernotwendigste beschränkt hat: die Lieder selbst sollen oft und bedachtsam gesungen, als Gebet dienen, denn

der Sänger bete zweifach, wenn er den Sinn der Lieder "in Geist und Herz eindringen" lässt.

In dieses außergewöhnliche Dokument des nordburgenländischen Kirchenliedgutes fanden von 390 allein für die Weihnachtszeit 75 Eingang. Der Oberhirte bezeugte damit nicht nur seine Liebe zur Heimat und deren Liederschatz, sondern erwies sich als ungewöhnlich traditionsbewußte, weitblickende Persönlichkeit.

Von den 390 aufgezeichneten Liedern singen wir heute in Donnerskirchen ungefähr 35, eine scheinbar geringe Zahl. Wir haben aber in den seither vergangenen nahezu 120 Jahren viele neue Lieder hinzugewonnen, die in diesem Buche fehlen und haben somit unseren Liederstand auf ca. 160 (davon 50 im Gotteslob und 110 im Singbuch) aufgestockt. Andrerseits spiegelt dieses Liederbuch den Wandel in den christlichen Lebensgewohnheiten wider, und weist auf einen der Gründe hin, weshalb Lieder in Vergessenheit geraten. Bei Durchsicht des Registers fallen folgende Liedergruppen auf, die heute nicht mehr in derselben großen Anzahl gebräuchlich sind:

Morgen-, Tisch- und Abendsegen50 Lieder
Wallfahrtslieder 24 Lieder (zwei Marienlieder davon kennen wir)
Predigtlieder15 Lieder
Lieder Zu Ehren der lieben Heiligen Gottes 
30 Lieder 
Gesamt120 Lieder

Zu Ehren der Pestheiligen allein zählen wir fünf Lieder, sie gehörten - obwohl die Pest über 150 Jahre vorbei war - zum lebendigen Liedbestand. (Dafür aber bangten die Menschen noch immer vor dem Massentod durch Cholera.)

Die Änderungen am Liedgut, wie Lieder kommen und gehen, können wir an zwei bekannten Gesängen illustrieren: Wir suchen vergeblich das Schubert-Meßlied "Wohin soll ich mich wenden", es war scheinbar noch nicht allgemein bekannt (F. Schubert gest. 1828). Ebenso wenig finden wir unter den 75 Advents- und Weihnachtsliedern das "Stille Nacht", von F. X. Gruber 1818 komponiert. Es kommt erst in dem 1906 herausgegebenen "Kleinen Baumgärtlein" vor. Verschwunden sind aus den heutigen Büchern die Lieder zu Ehren der Tierheiligen Leonhard und Wendelin, so wie auch ihre Feste am

6. Nov. und 26. Okt. nicht mehr gefeiert werden. Wir können über die Breitenwirkung dieses Singbuches nichts aussagen. Es kann als erster Versuch für ein einheitliches Andachts- und Gesangsbuch gewertet werden, das in einer Zeit großer gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Änderungen Althergebrachtes retten wollte.

103 Kirchenlieder "zum Gebrauche Katholischer Christen" wurden in Ungarisch- Altenburg (heute Mosonmagyaróvár) vom Druckverlag Alexander Czéh, 1873 in der 4. Auflage (ohne Autorenangabe) herausgegeben. Es ist mit einem bereits besprochenen Gebetbuch des Paters Cochem "Der große Myrrhen garten des bitteren Leidens" zusammengebunden, das 1872 in Paderborn bei dem heute noch bekannten Schulbuchverlag Ferdinand Schönigh aufgelegt wurde (Fam. Martin Ritter). Das Liedgut der zwei Sammlungen ist nur zum Teil identisch. Die Abhängigkeit von Bischof Karners Liederbuch ist nicht nachweisbar. In unserer burgenländischen Liederbuchsammlung haben wir nur eines, in welchem sich der Verfasser angibt: "Gebetbuch und vollständiger kirchlicher Liederkranz für Katholiken jeden Standes" von Oberlehrer August Reuter (Fam. Köstner und Auer-Maar). Laut Mitteilung seines Sohnes Prof. Josef Reuter hat er das Liedgut in Ödenburg und Umgebung gesammelt, als er ab 1885 in Deutschkreutz und Unterpetersdorf wirkte. Die erste Ausgabe erschien in Ödenburg (Imprimatur 1900), nach dem Anschluß des Burgenlandes an Österreich kam die neunte Auflage (45.000 - 50.000) bei V. Horvath, Neusiedl/See 1922 heraus. Die Auflagezahl spricht für seine Popularität. Das Büchlein enthält 168 Lieder des nördlichen Burgenlandes, davon allein 22 Meßlieder. Im dazugebundenen Anhang finden wir die "Gebräuchlichsten Kirchenlieder des südlichen Burgenlandes", gesammelt von Julius Lantos, Oberlehrer in Großpetersdorf. Das Büchlein "Kleines Baumgärtchen", in unserem Ort vielfach bekannt, ist ebenfalls bei V. Horvath erschienen, jedoch ohne Autorenbenennung. Es enthält 232 Lieder ohne Quellenangabe. Wir hatten beim Ungarisch-Altenburger Singbuch den interessanten Fall, dass es mit einem Gebetbuch aus Deutschland zusammengebunden war. Mehrfach zusammengebundene Gebetbücher haben wir auch aus dem 18. Jahrhundert. Dies ist ein Hinweis auf eine heute ungewöhnliche Verkaufspraxis:

Man suchte sich beim Buchhändler Gebetstexte aus und ging dann damit zum Buchbinder, um sich dort einen Einband zu wählen. Dafür spricht auch, dass in einem Falle in unserer Sammlung der Preis ohne Einband angegeben ist, und zwar bei folgendem Büchlein: "Einleitung in die biblische Historie des Alten und Neuen Testamentes." Ofen 1854. Kostet ungebunden 12kr (Auer-Maar). Ein weiterer Beweis für diese Vorgangsweise ist, dass Bücher (in unserer Sammlung) mit unterschiedlichem Inhalt von 1859 bis 1882 auf gleiche Weise gebunden sind: in schwarzes Leder, drei im sogenannten "Kathedral-Stil", d. h. mit gotischem Kirchenzierat in Blinddruck (ohne Gold) auf der Vorderseite, in der Mitte ein Medaillon, in welchem die Mariazeller Kirche mit der Madonna gemalt ist. Der Titel des Buches wurde höchstens - wenn überhaupt - auf dem Rücken vermerkt, man legte jedoch gelegentlich Wert auf sein Monogramm in Golddruck auf der Vorderseite. Der Einband hatte also mit dem Inhalt wenig zu tun.

Noch ein Wort zu den Familieneintragungen, die es auch in den gedruckten Gebetbüchern gibt; ich habe auf einige hingewiesen. Die meisten tragen nur nüchterne Daten neben den Namen ein, nur wenige lassen uns in persönliche Beziehungen Einblick gewinnen, so lesen wir z. B. in Bischof Karners Gesangbuch: "Dieses Gebetbuch hab ich zum Geschenk von meiner Frau Godl Teresia von Reinprecht, Gott segne sie, Maria Schüller 1869." In einem der Großen Herz-Jesu-Bücher steht: "...Mit traurigem Herzen schreibe ich zur Erinnerung, dass er (unser Vater) nur 3 Tage krank war und ist in Hitzschlag ... im Spital entschlafen. Er ruhet in Frieden...". So gibt es auch die Liste frühverstorbener Kinder oder gefallener Angehöriger. All das lässt uns das schwere Leid der Familien in solchen Tagen nachempfinden. Die Gebetbücher erhielten mit diesen Eintragungen eine persönliche Note, die heute völlig fehlt. Als Chroniken der Familien bewahrte man sie auf. Bischof Karners Wort in seinem Kath. Gebet- und Gesangsbuch ist auch an unsere Zeit eine Mahnung, das Althergebrachte neben dem Bestehenden zu ehren und zu behüten.

Literaturverzeichnis

Fußnoten

1 A.A.Barb, Die römischen Ausgrabungen von Donnerskirchen und das älteste Denkmal christlichen Kults in Österreich; in: BHBl 15.Jg., Eisenstadt 1953, Heft 3, S 97-118