Archäologische Frühgeschichte, Kelten, Römer

Alexandra Müller

Durch die verschiedenen Epochen hindurch wurde das Gebiet von Donnerskirchen als Siedlungsplatz genutzt. Besiedelt wurden sowohl die Hänge des Leithaberges als auch die Ebenen. Da jede menschliche Aktivität Spuren hinterlässt, kann die Archäologie einigermaßen gut die Lebensumstände der Menschen vergangener Kulturen wiedergeben.

In den nachfolgenden Kapiteln soll daher anhand einiger Fundumstände die Besiedlung des Donnerskirchner Gemeindegebietes vom Neolithikum (Jungsteinzeit) bis zu den Römern beleuchtet werden.

Neolithikum (5500 - 4500)

1988 wurde in Donnerskirchen am Westufer des Neusiedlersees eine Fundbergung in der Nähe vom Golfplatz durchgeführt. Im Februar 1988 hatte ein Baggerfahrer im Zuge von Bauarbeiten eine urzeitliche Grube angefahren und war auf Keramik- und Knochenfunde gestoßen, die er unverzüglich dem Burgenländischen Landesmuseum meldete. Im darauffolgenden Mai wurde unter der Leitung von Dr. Sigrid von Osten ein Schnitt angelegt, der diese Grube erfasste, dessen Keramik an die Basis der Linearbandkeramik (5600 - 5000/4900 v. Chr.), also zu den ältesten Zeugnissen des österreichischen Neolithikums zu stellen ist.

Die Knochen waren im Boden bereits zu zahlreichen Fragmenten zersprungen. So lag jedes größere Fundstück in einer Vielzahl von Splittern vor, die zunächst erst zusammengefügt werden mussten. Bei einem Teil der Knochen handelt es sich um ein esel- oder halbeselähnliches Tier (Wildesel/Equus hydruntinus), für dessen Vorkommen es in Österreich im Holozän (jüngste geologische Epoche der Erdgeschichte) bisher keinerlei Zeugnisse gab. Im Holozän beschränkte sich die Verbreitung des Wildesels nämlich auf westmediterrane bzw. anatolisch-balkanisch-donauländische Restareale. Wahrscheinlich ist der Wildesel am Ende des
Neolithikums überhaupt ausgestorben.

Einige Knochenfunde dieser Grube lassen auch den Verdacht aufkommen, dass Reste des wilden Wasserbüffels (Bubalus arnee) im Material enthalten sind.

Kupferzeit (4500/4000 - 2200 v. Chr.)

Im Juli 1971 arbeitete ein Baggerführer mit seiner Maschine am Kelleraushub für den Neubau eines Hauses am Unteren Kreutberg. Dabei stieß er in geringer Tiefe auf Tongefäße, die er jedoch nicht erkannte. Daher wurden die größeren, mit
der Gefäßmündung nach unten verkehrt stehenden Gefäße mit der Baggerschaufel zerteilt. Derzu Hilfe gerufene Apotheker Mag. W. Bensic grub die noch in der Erde befindlichen Gefäße und Gefäßteile aus. Er konnte feststellen, dass die Gefäße dicht nebeneinander, die großen mit der Mündung nach unten, die kleineren aufrecht daneben standen. Ursprünglich waren es 15 Gefäße.

Im Jahr 1983 wurde das Fundgut im Burgenländischen Landesmuseum gereinigt und restauriert. Sicher ist, dass es sich bei diesem Fund um eine Deposition ganzer Gefäße handelt. Die Gefäße dürften anschließend sorgfältig abgedeckt worden sein. Man kann davon ausgehen, dass es sich um eine absichtliche Niederlegung von teilweise sicher leeren Gefäßen im Bereich einer jungneolithischen Siedlung handelte.

Das Fundgut wird in die ausgehende Boleráz-Stufe (3600 - 3200 v. Chr.) der Badener Kultur (3500 - 2800 v. Chr.) gestellt.1

Bronzezeit (2200 - 800 v. Chr.)

Bei Planierungsarbeiten im Jahr 1963 am S-Rand des Donnerskirchner Hotters 305 m östlich der kleinen Brücke wurde ein Depotfund entdeckt. Dabei fand man Bruchstücke eines schlauchförmigen Henkelgefäßes aus dunklem Ton sowie zwei kleine Bandhenkel. Beachtlich bei diesem Fund sind jedoch die deponierten Bronzegegenstände. Dabei handelt es sich um 13 Bruchstücke von Sicheln, einem oberständigen Lappenbeil, einem mittelständigen Lappenbeil, einer gebrochenen Schneide, einem Randstück eines aus Bronzeblech gefertigten Objektes mit Verzierungen (eventuell ägäisches Sonnensymbol), sowie um drei Gußkuchenbruchstücke. Datiert wird dieses Fundgut in die Hallstattzeit (Ha A/urnenfelderzeitlich), das heißt um 1200 - 1050 v. Chr.2

Eisenzeit (800 - 1.Jh. v. Chr.)

Das Ehrenfeld
Am Plateau des Kirchberges liegt das sogenannte Ehrenfeld. Es beherbergt auf einer Gesamtfläche von etwa 60 ha eine hallstattzeitliche Siedlung der sogenannten Kalenderberg-Gruppe (800 - 620 v. Chr.). Wie heute noch erkennbar ist, war die Siedlung zumindest von ein bis zwei Wällen umgeben. Als Wasserspeicher für die Siedlung diente die sogenannte "Malzlacke"

Im August 1926 und im Jahr 1927 wurden von Alexander Seracsin Testgrabungen
durchgeführt. An der Fundstelle I konnte er den Unterbau eines Hauses (aus Stein) nachweisen, das, dem Grundriss nach zu urteilen, aus zwei Räumen bestand. An den Längsseiten des Hauses wurden Ansätze einer Trockenmauer entdeckt.
Über den Hausoberbau lassen sich nur Vermutungen anstellen. Das Fehlen von Pfostenlöchern lässt auf einen Blockbau (Aufbau aus Holz über der Steinmauer) schließen.

An den übrigen Fundstellen (Fundstelle II - Fundstelle IV) wurden Herdstellen nachgewiesen sowie eine große Anzahl an Keramikfragmenten, Mondidolen (Feuerböcke) und Spinnwirtel geborgen. Eine Besonderheit im Fundgut stellen
jedoch die aufgefundenen Tonringe (Tonräder) dar. Die Verwendung der Tonringe ist nicht gewiss. Es deutet aber einiges daraufhin, dass es sich eventuell um Räder eines Wagenmodells (vermutlich auch aus Ton) handelt. Die Siedlung fügt sich in einer Linie von hallstattzeitlichen Höhensiedlungen ein, ausgehend vom Braunsberg bei Hainburg entlang des Leithaberges bis nach Ödenburg und im weiteren Verlauf bis nach Güns.3

Hallstattzeitliche Hügelgräber

Am Osthang des Leithagebirges am sogenannten Mahdberg fanden sich fünf große bis zu 6m hohe Grabhügel. Heute sind noch vier von den ursprünglich fünf Grabhügeln sichtbar, da einer bereits stark eingeebnet ist.

Im Jahr 1910 wurde vorerst der größte Hügel (Hügel 1) von Emma von Groller untersucht. Zwei weitere Hügel (Hügel 2 und 3) wurden im Jahre 1911 geöffnet. Aus dem Hügel 3 stammt das bekannte Stierkopfgefäß. Weiters kann man dem Hügel 3 zumindest sechs Kegelhalsgefäße zuordnen. Hügel 4 wurde bereits im Jahr 1911 von unbekannten Schatzgräbern geöffnet.

Bei den Bestattungen dürfte es sich hauptsächlich um Brandbestattungen gehandelt haben. Eine nachgewiesene Zimmerung einer Grabkammer aus Holz läßt jedoch auch auf eine Körperbestattung schließen.

Die Grabhügel wurden in die Hallstattzeit (Ha C/um 700 v. Chr.) datiert4.

Latènezeitliche Körpergräber

1985 wurde bei einem Neubau in der Badstraße ein Skelett gefunden. Daraufhin wurde die Fundstelle von Mitarbeitern des Burgenländischen Landesmuseums besichtigt. Ein paar Tage später wurde die Bergung des Grabes durchgeführt.
Während der Bergung arbeitete der Grundbesitzer weiter an der Ausschachtung der
weiteren Arkadenfundamente und entdeckte dabei ein weiteres Grab.


Die Grabgrube von Grab 1 weist eine S-N Orientierung auf. Im Bereich der Füße und der Unterschenkel wurde eine dunkelbraune Verfärbung festgestellt, die auf eine Holzunterlage schließen lässt. Der Tote lag in gestreckter Rücken lage, der linke Arm war neben dem Körper ausgestreckt, der rechte Arm fehlt. Teile des
Schädels, einige Rippen und Wirbel, die linken Armknochen, geringe Teile des linken Beckens, beide Ober- und Unterschenkel sowie die Fußknochen sind erhalten.

Als Beigaben wurden Fibelbruchstücke (1b) im Bereich des Brustbeines, Tierknochen (2) neben dem linken Arm, eiserne Lanzenspitze (6) an der linken Schulter, größere Eisenteile (5 u. 7) im rechten Hüftbereich sowie ober und unter dem rechten Oberschenkel, Tonflasche (8) neben dem linken Unterschenkel, Tonschale (9) neben dem linken Oberschenkel, eisener Lanzenschuh (10) mit Befestigungsdornen in der Nordwestecke des Grabes, Knochen und Eisenrest
(3) am Fußende der Bestattung, Keramikbruchstücke (4) bei der Südwestecke, festgestellt.

Die anthropologische Untersuchung hatte ergeben, dass es sich bei dem Skelett um ein männliches Individuum, 166,7 cm groß und zwischen 51 und 70 Jahre alt, handelte.

Grab 2
Die Grabgrube von Grab 2 wies ebenfalls eine S-N Orientierung auf. Im Bereich des ehemaligen Oberkörpers wurde eine Verfärbung, die von einer Beraubung stammte, entdeckt. Auf der Grabsohle gibt es eine deutliche Verfärbung eines Holzbrettereinbaues von ca. 2m Länge und ca. 0,9m Breite mit übergreifenden Ecken.

Aufgrund der alten Beraubung sind vom Skelett nur der rechte Beckenteil, der rechte Oberschenkel sowie beide Unterschenkel noch ungestört im Boden gelegen. Die meisten anderen Knochen lagen verstreut in der SO-Ecke des  Grabes, wo sie vermutlich nach der Beraubung zusammengeworfen wurden.

Als Beigaben wurden zwei Bronzefibeln und ein Fingerring (17) im Bereich der rechten Schulter, zwei Bronzefibeln (18) im Bereich der linken Schulter, Tierknochen (22) rechts neben dem rechten Oberschenkel, Tonflasche

(20) neben dem rechten Unterschenkel, kleinere Tonflaschen (21) eben dort und eine Tonschale (19) neben dem rechten Fuß. Die anthropologische Untersuchung ergab bei diesem Skelett, dass es sich um ein weibliches Individuum 165 cm groß und zwischen 61 und 80 Jahre alt, handelte. Die Gräber sind frühlatènezeitlich (5. - 4. Jh. v. Chr.).5


Römer

Römische Villa (villa rustica)
Sándor Wolf grub im Jahre 1902 auf dem Acker des Stefan Berger eine römische Badeanlage aus. Erst beträchtlich später, in den Jahren 1910 - 11, hat dann Oberst a. D. Max von Groller für Sándor Wolf diese Grabung fortgesetzt. Insgesamt wurden fünf Gebäude nachgewiesen. Den gesamten Komplex begrenzt eine Mauer, innerhalb welcher sich fünf Gebäude befinden.

Gebäude I diente als Wohnhaus mit Empfangsraum, heizbaren Schlafzimmern, einer Latrine, Wirtschaftsräumen sowie einer möglichen Hauskapelle. Gebäude II beherbergte die Badeanalge mit Heizanlage. Bei Gebäude III ist die Deutung relativ schwer, da es sich einerseits um einen Speicher gehandelt habe könnte.
Andererseits wurde hier die fragmentierte Marmoraltarplatte gefunden, was auch darauf schließen lässt, dass es sich eventuell um eine frühchristliche Tempelanlage gehandelt haben könnte. Der Grundriss des Gebäudes III würde daher die Vermutung aufwerfen, dass es eine apsidenlose Basilika rustica gewesen sein kann. Gebäude IV wird als Getreidespeicher angenommen. Fraglich ist die Verwendung von Gebäude V. Die Villa hat vom Ende des 1. Jh. n. Chr. bis zum Ende des 4. Jh. n. Chr. bestanden.

Neben Münzen, Keramik- sowie Glasbruchstücken wurden verschiedene Eisengeräte, aber auch Schmuck aus Bronze und ein aus Bein (Knochen) gefertigtes Haarnadelfragment gefunden.

Marmoraltartisch

Der Altartisch ist von orientalischer Herkunft, gehört in die Gruppe der Nischen-Rand-Altäre und stellt deren nördlichstes bisher bekanntes Vorkommen dar. Für die Entstehungszeit nimmt man die Mitte des 4. Jh. n. Chr. an. Man vermutet, dass die beschädigte bzw. nicht mehr gebrauchte Altarplatte absichtlich vergraben wurde, denn man wollte dieses frühchristliche Zeugnis verbergen und den Altar vor Entweihung schützen. Weiters wird angenommen, dass
die Basilika rustica im 4. - 5. Jahrhundert für den christlichen Gottesdienst bestimmt war.6

Gräber
Auf einem weiteren Grundstück (Wolfsbrunnäcker) wurden im Jahr 1933 im Zuge einer FAD (Freiwilliger Arbeitsdienst)-Grabung fünf Gräber gefunden, die zu der Villa rustica gehörten. Die Gräber wurden bereits in früherer Zeit gestört und ausgeraubt. Die Skelette waren nach W-O orientiert. Die Gräber I, II, IV waren aus Kalksteinplatten zusammengestellt. Das Doppelgrab III war an den Seiten mit Ziegeln
ausgekleidet.7

Zwei römische Gräber
Aufgrund einer Fundmeldung des Gendarmeriepostens Schützen/Gebirge wurde am 5. November 1975 die Fundstelle bei der Tankstelle Sommer besichtigt. Westlich eines vorgesehenen Schachtes wurde ein menschliches Skelett (Nr. 1) angeschnitten. Es befand sich in unmittelbarer Nähe der Wasserleitung. Lediglich der Schädel lag noch unversehrt in der Erde. Als Beigabe wurde ein Eisenmesser entdeckt.

Etwa 1,5 Meter in nordwestlicher Richtung wurde ein zweites Skelett (Nr. 2) angefahren, das deutlich eine O-W-Lage aufwies. Von diesem Skelett wurden durch die Künette die Unterschenkel abgetrennt. Als Beigabe fand sich auf der Innenseite des rechten Ellenbogens eine Münze. Diese beiden Gräber sind aufgrund der Beigaben als römische Bestattungen anzusprechen.8

Fussnoten:

1 Kaus, Margarete
2 Pittioni, Richard
3 vgl. Ortsakte Donnerskirchen, Bericht A. v. Seracsin
4 Kaus, Karl
5 Ramsl, Peter
6 Thomas, Edit
7 Thomas, Edit
8 vgl. Ortsakte Donnerskirchen des BLM, Fundbericht 17/1975